LIM Center, Aleje Jerozolimskie 65/79, 00-697 Warsaw, Poland
+48 (22) 364 58 00

Stand des Internetzugangs in Aserbaidschan: Von Glasfaser bis zur letzten Grenze

TS2 Space - Globale Satellitendienste

Stand des Internetzugangs in Aserbaidschan: Von Glasfaser bis zur letzten Grenze

State of Internet Access in Azerbaijan: From Fiber to the Final Frontier

Historischer Überblick über die Internetentwicklung in Aserbaidschan

Aserbaidschan wurde relativ früh in der postsowjetischen Ära an das globale Internet angeschlossen. Die erste Internetverbindung wurde 1994 hergestellt und der öffentliche Zugang war ab 1996 verfügbar az-netwatch.org. In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren waren Internetdienste zunächst begrenzt und teuer, dominiert von Einwahlverbindungen und wenigen staatlich verbundenen Anbietern. Allerdings profitierte Aserbaidschan von einem Erbe sowjetischer technischer Institute und einem Bewusstsein der Regierung für die Bedeutung von IKT, was die Entwicklung beschleunigte en.wikipedia.org. Im Laufe der 2000er Jahre stieg die Zahl der Internetnutzer stetig an – bis 2010 auf geschätzte 3,7 Millionen Nutzer (etwa 44 % der Bevölkerung) laut ITU-Daten en.wikipedia.org. Früher Zugang konzentrierte sich auf Baku und andere große Städte, wobei viele Nutzer auf geteilte Einrichtungen wie Arbeitsplätze oder Internetcafés angewiesen waren, da in den 2000er Jahren der Besitz von Heimcomputern gering war en.wikipedia.org. Einwahlverbindungen blieben für viele bis zur Verbreitung von Breitbanddiensten (ADSL) Ende der 2000er Jahre der wichtigste Zugangsweg en.wikipedia.org. In Anerkennung der wirtschaftlichen Bedeutung von Konnektivität erklärte die Regierung Telekommunikation und Internetentwicklung zur nationalen Priorität, setzte Ende der 2000er Jahre Maßnahmen zur Senkung der Internetkosten um az-netwatch.org und schaffte 2002 die Lizenzpflicht für ISPs zur Liberalisierung des Marktes ab en.wikipedia.org. Zur gleichen Zeit setzte sich mobiles Internet durch: 2009 wurde eine dritte GSM-Mobilfunklizenz vergeben, während 3G-Dienste eingeführt wurden az-netwatch.org en.wikipedia.org. 2013 gaben offizielle Quellen an, dass 85 % der Bevölkerung online seien en.wikipedia.org – eine optimistische Zahl, die aber die schnelle Verbreitung verdeutlicht, die in den frühen 2010er Jahren vor allem durch mobiles Breitband getrieben wurde. Insgesamt ähnelt die Internetentwicklung Aserbaidschans der vieler Entwicklungsländer: ein starker Anstieg von praktisch keiner Konnektivität in der Mitte der 1990er Jahre zu einer Mehrheitsbevölkerung mit Zugang innerhalb von zwei Jahrzehnten, wobei städtische Gebiete ländliche Regionen deutlich übertreffen en.wikipedia.org.

Aktuelle Internet-Infrastruktur: Glasfaser, Mobilfunk und mehr

Glasfaser-Backbone und Festnetzbrietband: Die Festnetzinfrastruktur Aserbaidschans hat sich insbesondere im letzten Jahrzehnt erheblich erweitert. Der staatliche Betreiber AzTelekom (unter dem Ministerium für digitale Entwicklung und Transport) kontrolliert einen Großteil des Festnetz-Backbones und des letzten Netzabschnitts, gemeinsam mit Baku Telephone Communications (Baktelecom) in der Hauptstadt. AzTelekom betreibt das Haupt-Glasfaser-Backbone des Landes und historisch auch das internationale Internet-Gateway, oft in Partnerschaft mit Delta Telecom. Delta Telecom (früher AzerSat) war der wichtigste Upstream-Anbieter und stellte bis Ende der 2000er Jahre 90–95 % der Nutzer des Landes internationales Bandbreitenvolumen bereit en.wikipedia.org. Das Unternehmen besitzt den einzigen Internet Exchange Point und das internationale Gateway und verkauft Transitbandbreite praktisch an alle lokalen ISPs en.wikipedia.org. Diese Struktur schuf eine zentralisierte Architektur, in der wenige staatlich verbundene Einheiten den Datenverkehr steuerten. Über die Jahre hat sich die externe Konnektivität verbessert: Bis 2022 erreichte Aserbaidschans gesamte internationale Internetbandbreite etwa 2,2 Terabit pro Sekunde (ein riesiger Sprung von nur 155 Mbps im Jahr 2006), da neue Glasfaserverbindungen zu Russland, Georgien und der Türkei geschaffen wurden en.wikipedia.org. Aserbaidschan positioniert sich als mögliches Transitdrehkreuz zwischen Europa und Asien durch Projekte wie die Glasfaserstrecken Trans-Asia-Europe, und aktuelle Initiativen (z. B. das „Digital Silk Way“-Projekt des privaten Anbieters AzerTelecom) sollen die internationale Kapazität weiter erhöhen.

Auf Verbraucherseite erfolgte der Wechsel von Kupfer-ADSL zu Glasfaser (FTTH) in den Großstädten. Das Regierungsprojekt „Online Azerbaijan“ hat die landesweite Glasfasereinführung vorangetrieben. Anfang 2023 hatten etwa 1,4 Millionen Haushalte (rund die Hälfte aller Haushalte) Zugang zu Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetzen – das Ergebnis des beschleunigten FTTH-Ausbaus in Baku und den regionalen Zentren caliber.az caliber.az. Allein in den ersten drei Quartalen 2022 erweiterte AzTelekom neuen Glasfaser-Breitbandzugang für rund 600.000 zusätzliche Haushalte caliber.az. In städtischen Gebieten wie Baku, Ganja, Sumgayit usw. gibt es mittlerweile flächendeckende Glasfaseranbindung bis ins Haus (FTTH), und die meisten Kunden können dort auf modernen GPON-Netzen 30–100 Mbit/s buchen caliber.az. Anders sieht es in kleinen Städten und Dörfern aus: Noch vor wenigen Jahren nutzten rund 70 % der Haushalte in ländlichen und kleinstädtischen Gebieten alte ADSL-Verbindungen über Telefonleitungen, mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von nur etwa 4–5 Mbit/s caliber.az. Diese Kluft zwischen Stadt und Land bei der Festnetzinfrastruktur ist eine zentrale Herausforderung. Die Regierung investiert aktiv (oft über AzTelekom und Baktelecom), um Glasfaser in entlegene Regionen zu bringen, doch lassen sich diese Investitionen in dünn besiedelten Gebieten schwer amortisieren caliber.az. Ein kürzlich angekündigtes Finanzierungsprojekt der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) – ein Darlehen in Höhe von 50 Millionen US-Dollar an AzTelekom – soll die digitale Kluft zwischen der Hauptstadt und den Regionen überbrücken, indem „modernster Breitbandanschluss“ für über 280.000 zusätzliche Haushalte in den Regionen geschaffen wird neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu. Dieses von der EBWE/EU unterstützte Vorgehen unterstreicht die Priorität, die auf den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur über Baku hinaus gelegt wird. Laut Vertretern ist das Ziel, landesweite Breitbandabdeckung (jedes Dorf angebunden) zu erreichen und die verbleibenden Kupferleitungen bis Ende 2024 außer Betrieb zu nehmen caliber.az freedomhouse.org. Dieses Ziel ist ambitioniert, aber es zeigt den entschlossenen Ausbau hin zur universellen Glasfaserabdeckung.

Mobilfunknetze (3G, 4G, 5G): Mobiles Breitband ist das Rückgrat des Internetzugangs für die meisten Aserbaidschaner, und das Land hat große Fortschritte im Ausbau der Mobilfunkabdeckung erzielt. Die Netzwerke der dritten Generation (3G) decken schon lange praktisch die gesamte Bevölkerung ab freedomhouse.org, und in den letzten fünf Jahren wurde die 4G-LTE-Abdeckung rasant ausgeweitet. Von nur etwa 36 % Bevölkerungsabdeckung im Jahr 2018 stieg die Abdeckung der 4G-(LTE)-Netzwerke bis 2021 auf 94 % der Bevölkerung mincom.gov.az. Heute gibt es in allen besiedelten Regionen mindestens 3G, meist aber auch 4G, wobei Azercell (der größte Mobilfunkanbieter) Ende 2021 über 74 % geografische LTE-Abdeckung vermeldete und laufende Ausbauprojekte betreibt freedomhouse.org. Die Zahl der aktiven mobilen Breitbandanschlüsse ist dementsprechend gestiegen – 2022 kamen auf 100 Personen etwa 79 mobile Breitbandanschlüsse (gegenüber ~63 pro 100 im Jahr 2020) mincom.gov.az. Für viele Nutzer in ländlichen Gebieten stellen Mobilnetze die einzige Option dar, da der Ausbau von Festnetzleitungen dort langsamer vorankommt. Drei große Anbieter stellen Mobilfunkdienste bereit: Azercell, Bakcell und Azerfon (Nar). Besonders Azercell ist marktführend und investiert stark in 4G-Infrastruktur, einschließlich LTE-Advanced-Funktionen in den dicht besiedelten Ballungsgebieten. Das Land bewegt sich nun vorsichtig in Richtung 5G. 5G-Technologie befindet sich noch im Testbetrieb – Azercell startete Ende 2022 Pilot-5G-Hotspots im Zentrum von Baku, Bakcell begann Anfang 2023 mit 5G-Tests an einigen Standorten in Baku freedomhouse.org freedomhouse.org. In diesen Pilotnetzen können Nutzer bestimmter Smartphone-Modelle (z. B. neuere Huawei, Xiaomi usw.) in begrenzten Bereichen 5G nutzen freedomhouse.org. Ein flächendeckender 5G-Ausbau wird noch dauern; Branchenexperten weisen darauf hin, dass Aserbaidschan zunächst mehr technische Kapazitäten und Verbrauchernachfrage (etwa mehr 5G-fähige Geräte und höhere Einkommen) benötigt, bevor 5G im großen Stil ausgerollt werden kann freedomhouse.org. Bis 2025 hat die Regierung noch keine vollständige 5G-Frequenzauktion durchgeführt. In der Zwischenzeit werden die bestehenden 4G-Netze weiter optimiert – Azercell berichtet, dass die Geschwindigkeit des mobilen Internets durch die Modernisierung in Baku und auf der Halbinsel Absheron 2021 um 30 % gesteigert werden konnte freedomhouse.org. Insgesamt ist die Mobilfunk-Infrastruktur in Aserbaidschan bei der Abdeckung sehr fortschrittlich, wenn auch bislang noch nicht überall mit modernstem 5G-Standard.

Internationale Konnektivität und Rechenzentren: Aufgrund seiner geografischen Lage ist Aserbaidschan über mehrere Nachbarländer mit dem globalen Internet verbunden. Glasfaserkabel führen von Aserbaidschan nach Norden nach Russland (über Rostelecom/TransTelekom-Routen), nach Westen nach Georgien (und weiter zu Schwarzmeerkabeln), nach Süden in den Iran sowie über das Kaspische Meer. Das Backbone von Delta Telecom besitzt Verbindungen in die Türkei und zu westlichen Netzwerken, und der private Betreiber AzerTelecom (Teil der NEQSOL Holding) baut eine leistungsstarke Route namens „Digital Silk Way“ auf, um den Datenverkehr zwischen Europa und Zentral-/Südasien durch Aserbaidschan zu transportieren. Diese Initiativen zielen darauf ab, Aserbaidschan in einen regionalen Internet-Transitknoten zu verwandeln, Latenzzeiten zu reduzieren und die Abhängigkeit von nur einem Upstream-Anbieter zu minimieren. Im Inland bestand historisch eine Begrenzung darin, dass ein neutraler Internet Exchange Point (IXP) fehlte – Delta Telecom betrieb den einzigen IXP und verlangte für „lokalen“ Datenverkehr den gleichen Tarif wie für internationalen, was lokale Interkonnektivität unattraktiv machte en.wikipedia.org. Das bedeutete, dass selbst lokaler aserbaidschanischer Internetverkehr oft ins Ausland und zurück ins Land geleitet wurde, was die Effizienz beeinträchtigte. Bemühungen um die Einrichtung eines kostenlosen IXPs wurden diskutiert, doch laut aktuellen Berichten bleibt der Delta-IXP weiterhin dominant en.wikipedia.org. Positiv zu vermerken ist, dass die Caching-Infrastruktur und das lokale Hosting sich verbessert haben: Laut einer Analyse der Internet Society sind inzwischen rund 38 % der meistbesuchten Websites über einen lokalen Server oder Cache in Aserbaidschan erreichbar pulse.internetsociety.org. Dieses lokale Caching (z. B. Google/YouTube- oder Facebook-CDN-Server in Baku) verbessert die Geschwindigkeit populärer Dienste. Auch die Kapazität der Rechenzentren in Aserbaidschan wächst: AzInTelecom (ein staatliches IT-Unternehmen) betreibt Regierungsrechenzentren, und einige private Colocation-Einrichtungen entstehen in Baku, um Banken und Unternehmen zu bedienen. Für die weiter steigende Internetnutzung werden redundante internationale Verbindungen und ein lokaler Austausch von Datenverkehr immer wichtiger.Satelliteninfrastruktur – Geostationäre Satelliten: Bereits vor der jüngsten Welle der LEO-Satelliten investierte Aserbaidschan in eigene Telekommunikationssatelliten, um Internet- und Rundfunkdienste auszubauen. Die nationale Raumfahrtagentur Azercosmos betreibt zwei geostationäre Satelliten, Azerspace-1 (gestartet 2013) und Azerspace-2 (gestartet 2018), die an Umlaufbahnen um 46°O positioniert sind en.wikipedia.org. Diese Mehrband-Satelliten bieten Abdeckung über Europa, Asien und Afrika und verfügen über Transponder für TV-Übertragung sowie C- und Ku-Band-Kapazitäten für Daten- und Breitbanddienste en.wikipedia.org. Mit dieser Kapazität bietet Azercosmos einen Satelliten-Breitbanddienst namens Azconnexus an, der im Wesentlichen eine VSAT-Lösung (Very Small Aperture Terminal) für Konnektivität in abgelegenen Regionen darstellt. Azconnexus wurde international für seine Leistung ausgezeichnet – Ende 2023 gewann Azercosmos einen Branchenpreis als „Bester VSAT-Dienstleister“, was unterstreicht, dass die Azerspace-1/2-Satelliten Hochgeschwindigkeits-Breitband für Regierungs- und Unternehmenskunden in Gebieten ohne Glasfaser liefern satelliteprome.com satelliteprome.com. Der Dienst unterstützt wichtige Anwendungen wie die Anbindung von Öl- und Gasfeldern, Bergbaustandorten, ländlichen Krankenhäusern und Notfalldiensten, wo terrestrische Netze möglicherweise nicht verfügbar sind satelliteprome.com. Diese geostationären Satellitenverbindungen haben eine höhere Latenz (~600 ms), garantieren jedoch, dass selbst abgelegenste Bergdörfer oder Ölplattformen im Kaspischen Meer bei Bedarf online sein können. Allerdings wird aufgrund der Kosten Satelliteninternet über Azerspace vor allem von Unternehmen, Behörden und gelegentlich zur Anbindung entlegener Gemeinschaftszentren (z.B. im Hochgebirge des Kaukasus oder in neu besiedelten Gebieten von Karabach) genutzt und weniger von Privathaushalten.

Größte Internetdienstanbieter und Marktanteile

Der ISP-Markt in Aserbaidschan ist ein Mix aus staatlichen Unternehmen und privaten Anbietern, aber der Staat (und politisch verbundene Interessen) behalten eine überproportionale Kontrolle. Es gibt Dutzende lizenzierte ISPs, doch einige Hauptakteure dominieren die Infrastruktur. Im Bereich festes Breitband sind die größten Anbieter der staatliche AzTelekom (fokussiert auf die Regionen) und Baktelecom (Stadt Baku) zusammen mit AzDataCom (ein weiterer staatlicher Datennetzbetreiber) freedomhouse.org. Stand 2019 kontrollierten staatliche Unternehmen letztlich etwa die Hälfte des gesamten Internetdienstleistermarktes freedomhouse.org. Besonders AzTelekom, das das Backbone und regionale Telekom-Austauschstellen betreibt, ist eng mit der Regierungsfamilie verbunden; seine Eigentümerstruktur steht in Verbindung zu Präsident Aliyevs Familie freedomhouse.org. Es gibt zudem private ISPs wie Azeronline, Ultel, AvirTel, Connect und weitere, die in der Regel Kapazitäten der staatlichen Infrastruktur anmieten, um Endkunden zu bedienen, vor allem in Baku. Allerdings war der Wettbewerb nicht völlig fair – kleinere private ISPs beklagten Schwierigkeiten beim Zugang zu staatlichen Glasfaserstrecken und Bandbreiten im Großhandel. Tatsächlich untersuchte die Antimonopolbehörde Aserbaidschans Mitte 2022 AzTelekom und Baktelecom wegen mutmaßlicher Manipulation von Großhandelspreisen für Backhaul und damit das Abdrängen von Wettbewerbern freedomhouse.org caliber.az. Beide wurden für ihren Missbrauch der Monopolstellung durch erhöhte Gebühren für die Nutzung von Glasfasertrassen, Funkturmstandorten etc. bestraft caliber.az. Das zeigt, dass der Markt zwar offiziell liberalisiert ist (ISPs-Lizenzierung wurde 2002 abgeschafft), die Platzhirsche aber praktisch immer noch wesentliche Macht ausüben.

In Baku existiert gewisser Wettbewerb: z.B. Azeronline (unterstützt vom Mobilfunkanbieter Azercell) und einige weitere besitzen eigene Letzte-Meile-Netze in Teilen der Stadt und bieten dort Glasfaser- oder Kabelfestnetz an. Doch auch in der Hauptstadt hält Baktelecom (eine Tochter des Ministeriums) einen großen Marktanteil, insbesondere nachdem es einen erschwinglichen FTTH-Dienst namens „Bakinternet“ gestartet hatte. Um die Effizienz zu steigern, hat die Regierung angekündigt, Baktelecom und AzTelekom zu einem konsolidierten nationalen Telekommunikationsunternehmen zusammenzuführen (Plan des Digitalisierungsministeriums 2022) freedomhouse.org. Sollte dies umgesetzt werden, entstünde ein einziger großer staatlicher ISP, allerdings war diese Fusion Mitte 2023 noch nicht abgeschlossen freedomhouse.org.

Im Mobilfunksektor gibt es drei Betreiber: Azercell, Bakcell und Azerfon (Nar). Azercell ist klarer Marktführer – Stand 2022 hatte Azercell über 5 Millionen Abonnenten und etwa 48,2 % Marktanteil freedomhouse.org. (Bemerkenswert ist, dass seit 2018 Azercell mehrheitlich im Besitz des Staates ist; die schwedische Telia Company zog sich nach einem Korruptionsskandal zurück, und Azercell wurde von AzInTelecom/Neftchala, Firmen mit Staatsnähe, übernommen freedomhouse.org.) Der zweitgrößte Anbieter Bakcell hat etwa 3 Millionen Nutzer (ungefähr 30 % Marktanteil) und ist insofern einzigartig, als er privat von der NEQSOL Holding (Geschäftsmann Nasib Hasanov) gehalten wird freedomhouse.org. Azerfon (Nar) ist der kleinste Betreiber mit rund 2,3 Millionen Kunden (~20 % Marktanteil) und ist teilweise im Besitz einer Offshore-Gesellschaft, wird aber weithin als mit der Familie Aliyev verbunden eingeschätzt freedomhouse.org. Tatsächlich sind sowohl Azercell als auch Azerfon mit den Geschäftsinteressen der Herrscherfamilie verknüpft freedomhouse.org. Alle Mobilfunkanbieter benötigen eine zehnjährige technische Lizenz der Regierung für den Betrieb freedomhouse.org, und obwohl es Wettbewerb bei Marketing und Tarifangeboten gibt, führen die engen Verbindungen zur politischen Elite dazu, dass strategische Entscheidungen oft nah an staatlichen Vorgaben getroffen werden.

Trotz mehrerer Anbieter ist die Marktkonzentration hoch. Der direkte oder indirekte Einfluss der Familie Aliyev auf zwei der drei Mobilfunkunternehmen sowie große Festnetzanbieter hat Bedenken hinsichtlich eines Mangels an unabhängiger Konkurrenz geweckt en.wikipedia.org freedomhouse.org. Dennoch profitieren die Nutzer von der Präsenz von drei Mobilfunknetzen, was zu einer landesweiten Abdeckung und fortlaufenden Netzausbauten geführt hat. Die Einführung der Rufnummernmitnahme beim Mobilfunk sollte den Wettbewerb erleichtern, und jeder Anbieter offeriert verschiedene 3G-/4G-Datentarife. Was den Marktanteil der ISPs bei Festnetz-Breitband betrifft, sind öffentliche Daten rar, aber AzTelekom (inklusive Baktelecom) versorgt wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Festnetz-Breitbandkunden (vor allem außerhalb Bakus); der Rest verteilt sich auf private ISPs in urbanen Zentren. Beispielsweise bedienen Azeronline, Connect sowie einige Kabelanbieter Teile des Baku-Privatkundensegments. Ein grober Indikator: Aserbaidschan hatte 2023 etwa 2,15 Millionen Festnetz-Breitbandanschlüsse tradingeconomics.com, und Baktelecom/AzTelekom konnten bis Ende 2023 zusammen 1,9 Millionen Haushalte abdecken telecompaper.com, was darauf hindeutet, dass die staatlichen Anbieter den Großteil dieser Anschlüsse bereithalten.

Insgesamt gilt: Obwohl im Markt “viele ISPs vorhanden” sind, werden die Infrastrukturengpässe (internationales Gateway, Glasfaser-Backbone, letzte Meile in Regionen) von staatsnahen Akteuren kontrolliert freedomhouse.org. Das hat den echten Wettbewerb bislang begrenzt und die Preise relativ einheitlich gehalten. Die Regierung hat dieses Problem erkannt und arbeitet – mit Unterstützung der EU – an regulatorischen Reformen, um „Wettbewerb und Regulierung im Telekommunikationsbereich zu verbessern“ (Teil des EBRD-Kreditpakets) neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu. Ob diese Reformen zu neuen unabhängigen Anbietern führen oder nur effizientere Staatsunternehmen hervorbringen, bleibt abzuwarten.

Städtischer vs. ländlicher Zugang und Versorgungslücken

Es besteht weiterhin eine deutliche digitale Kluft zwischen den urbanen Zentren Aserbaidschans und seinem ländlichen Umland, auch wenn sie sich in den letzten Jahren verringert hat. Die Internetdurchdringung ist in den Städten höher – nahezu jeder Haushalt in Baku kann online gehen, während einige abgelegene Dörfer noch immer mit Verbindungsproblemen kämpfen. Laut offiziellen Erhebungen aus dem Jahr 2022 hatten 91,6 % der städtischen Haushalte einen Internetanschluss zu Hause, verglichen mit etwa 83,8 % der ländlichen Haushalte mincom.gov.az. Ein Jahr zuvor, 2021, war die Kluft noch etwas größer (90 % städtisch vs. 82,7 % ländlich) mincom.gov.az. Dies spiegelt die kontinuierliche Verbesserung des ländlichen Zugangs wider, vor allem durch den Ausbau des Mobilfunknetzes und staatliche Glasfaserprojekte. Dennoch sind ländliche Familien etwas seltener mit einem festen Internetanschluss versorgt und greifen oft auf mobile Daten zurück, wenn Festnetz-Breitband ihr Gebiet nicht erreicht hat.

Auch bei der Qualität der Verbindung gibt es Unterschiede: In Baku und anderen großen Städten steht Hochgeschwindigkeits-Glasfaser-Internet und stabiles 4G zur Verfügung, während Nutzer in ländlichen Regionen häufig über ältere DSL-Leitungen oder schwächere 3G-/4G-Netze surfen. Beispielsweise nutzte bis vor Kurzem die Mehrheit der ländlichen Festnetz-Internetnutzer altes Kupfer-ADSL mit niedrigen einstelligen Mbit/s-Geschwindigkeiten caliber.az. Die „letzte Meile“ in Dörfern basiert oft auf überholter Telefoninfrastruktur. Öffentliches WLAN gibt es in Baku (ganz früher wurden in Parks kostenlose Hotspots eingerichtet), ist aber auf dem Land praktisch nicht vorhanden. Tatsächlich sank auch in Baku die Anzahl öffentlicher WLAN-Hotspots 2022 aufgrund von Wartungsproblemen von 18 auf nur noch 4; auch diese galten als leistungsschwach freedomhouse.org. Solche Angebote sind für ländliche Nutzer also keine verlässliche Option.

Mobilfunk-Abdeckungskarten zeigen kaum weiße Flecken – selbst gebirgige Gegenden verfügen über reine Sprachtelefonie –, aber die Kapazität von mobilem Breitband kann auf dem Land problematisch sein. Die Betreiber konzentrierten die schnellsten LTE-Ausbaustufen auf Baku und die Halbinsel Abscheron, wo die Nachfrage am größten ist freedomhouse.org. Während fast alle Dörfer zumindest 3G haben, kann das Erlebnis außerhalb des dichten Netzes der Hauptstadt langsam oder lückenhaft sein. Das führt dazu, dass städtische Nutzer durchschnittlich höhere Bandbreiten als ländliche genießen.

Was Nutzung und Digitalkompetenz betrifft, so verwenden Stadtbewohner das Internet häufiger täglich und für eine größere Bandbreite an Diensten (z. B. Online-Banking, Streaming, Homeoffice) als Menschen in ländlichen Regionen. Doch die Lücke schließt sich, da Smartphones überall verbreitet sind. Bis 2022 nutzten in beiden Segmenten — Stadt und Land — ca. 88–90 % der Personen ein Mobiltelefon, und über 80 % der Menschen landesweit nutzen das Internet in irgendeiner Form mincom.gov.az mincom.gov.az. Bemerkenswert: Die befreiten Gebiete (Regionen, die nach dem Bergkarabach-Konflikt zurückgewonnen wurden) sind ein Sonderfall unterversorgter Regionen – sie waren jahrzehntelang vom aserbaidschanischen Telekommunikationsnetz abgeschnitten. Seit 2020 priorisiert die Regierung hier gezielt den Ausbau von Glasfaser-Backbone und Mobilfunknetzen (z. B. in den Städten Schuscha und umliegenden Bezirken) im Rahmen der Wiederaufbaumaßnahmen caliber.az caliber.az. Bereits heute berichten die großen Anbieter, dass 2G-/3G-Netze große Teile dieser Territorien abdecken und Glasfaserleitungen parallel zu neuen Autobahnen nach Karabach verlegt werden. Das Ziel: Auch diese ehemals konfliktbetroffenen ländlichen Regionen sollen beim Zugang zum Internet gleichgestellt werden – ein zentraler Bestandteil von Aserbaidschans Digitalisierungsstrategie in den kommenden Jahren.

Zusammengefasst: Die Unterschiede beim Internetzugang zwischen Stadt und Land sind nach wie vor vorhanden, werden aber kontinuierlich kleiner. Programme wie der von der EBRD geförderte Breitbandausbau und die Ministeriumsinitiative „Vollabdeckung bis Ende 2024“ richten sich gezielt an die verbleibenden Versorgungslücken caliber.az neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu. Wenn diese Pläne Erfolg haben, werden bald auch abgelegene Dörfer über Glasfaser- oder Fixed-Wireless-Breitband verfügen. Bis dahin stellt das nahezu flächendeckende Mobilfunknetz (über 99 % 3G-Abdeckung mincom.gov.az) eine Lebensader dar und bietet den Großteil der Aserbaidschaner — unabhängig vom Wohnort — Zugang zu Basis-Internetanwendungen.

Internetpreise und Verbrauchererschwinglichkeit

Die Kosten für Internetdienste in Aserbaidschan sind im Allgemeinen rückläufig, was den Zugang für Verbraucher in den letzten zehn Jahren erheblich erschwinglicher gemacht hat. Gerade die Preise für Festnetz-Breitband sind gesunken, während Geschwindigkeiten und Datenvolumen gestiegen sind. 2022 berichtete das Ministerium von einer grundlegenden Umstrukturierung der Breitbandtarife: Der alte Basistarif von 1 Mbit/s (kostete etwa 10 aserbaidschanische Manat pro Monat) wurde abgeschafft und durch einen 4-Mbit/s-Tarif für 13 AZN monatlich ersetzt mincom.gov.az. Damit verdreifachte sich praktisch die Basisspeed für einen nur leicht gestiegenen Preis — der Preis pro Megabit sank sogar: von 10 AZN auf ca. 3,25 AZN pro 1 Mbit/s nach dieser Umstellung mincom.gov.az. Absehbar ist, dass der minimale Breitbandtarif bis Ende 2024 auf 25 Mbit/s festgelegt werden soll (mit passenden Anpassungen bei den Preisen), sodass selbst die günstigsten Tarife echte Breitbandgeschwindigkeiten garantieren mincom.gov.az.

In absoluten Zahlen ist die Internet-Preisgestaltung in Aserbaidschan moderat. Ein typischer unbegrenzter Home-Breitbandtarif (über DSL oder Glasfaser) mit etwa 10–15 Mbit/s kostet je nach Anbieter und Region etwa 20–30 AZN (ungefähr 12–18 US-Dollar) pro Monat. Für einkommensschwächere Nutzer oder diejenigen, die nur gelegentlich online gehen, bieten einige Internetanbieter limitierte Datentarife oder geteilte WLAN-Hotspot-Abonnements zu günstigeren Preisen an. Mobile Daten sind weit verbreitet und wettbewerbsfähig bepreist: Alle drei Mobilfunkanbieter bieten monatliche Datenpakete in unterschiedlichen Größen an. Zum Beispiel kostet ein Wenignutzer-Tarif (inklusive ca. 500 MB Daten, dazu Sprachminuten und SMS) etwa 10 AZN pro Monat, während größere Datenpakete (z. B. 5–10 GB) im Bereich von 15–20 AZN liegen. Laut den ICT Price Basket von ITU sind die Preise in Aserbaidschan im Verhältnis zum Einkommen recht erschwinglich: Im Jahr 2024 kostet ein Standard-Festnetz-Breitbandtarif etwa 1,34 % des BNE pro Kopf pro Monat, und ein typisches Mobile-Paket etwa 1,14 % des BNE pro Kopf – damit liegen die Preise deutlich unter dem UN-Erschwinglichkeitsziel von <2 % tradingeconomics.com. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 kostete ein 1-Mbit/s-ADSL-Tarif 20–25 US-Dollar (was damals einen größeren Einkommensanteil ausmachte) en.wikipedia.org – somit hat sich die Erschwinglichkeit deutlich verbessert.

Die Regierung hat von Zeit zu Zeit eingegriffen, um Preise zu regulieren oder zu steuern. Ende der 2000er Jahre einigten sich große ISPs (oft unter staatlicher Koordination) darauf, die Preise für Dial-up- und ADSL-Anschlüsse zu vereinheitlichen, um sich gegenseitig nicht zu unterbieten en.wikipedia.org. Dieses Quasi-Kartellverhalten sollte kleineren ISPs das Überleben sichern, bedeutete aber auch, dass Verbraucher kaum Preisunterschiede auswählen konnten. Heute gibt es dank mehr Wettbewerb (insbesondere im Mobilfunk) etwas mehr Vielfalt bei Preisen und Angeboten. So führen Mobilfunkbetreiber beispielsweise häufig Kampagnen mit zusätzlichem Datenvolumen oder ermäßigten Nachttarifen durch, um Kunden zu gewinnen.

Internationale Bandbreitenkosten – ein wesentlicher Faktor für die Preisgestaltung – sind in Aserbaidschan deutlich gesunken, seit neue Glasfaser-Verbindungen in Betrieb genommen wurden. Die Kosten für den Zugang zum Ausland, die früher einen beträchtlichen Teil der Betriebsausgaben der ISPs ausmachten, haben abgenommen. Dadurch konnten ISPs unbegrenzte Datentarife anbieten sowie die Geschwindigkeiten schrittweise erhöhen, ohne die Preise anzuheben. Ein persistierender Kritikpunkt sind jedoch die Kosten für den Zugang zur staatlich kontrollierten Inlandsinfrastruktur. Wie berichtet, beklagten kleine ISPs, dass die hohen Großhandelspreise von AzTelekom und Baktelekom für die Nutzung der Glasfaserleitungen die Endkundenpreise daran hinderten, noch weiter zu sinken caliber.az. Das Vorgehen der Wettbewerbsbehörde 2022 gegen diese Praktiken könnte zu faireren Wholesale-Preisen und potenziell günstigeren Endkundentarifen führen, wenn der Wettbewerb zunimmt.

In Bezug auf die Erschwinglichkeit von Endgeräten hat die Regierung gelegentlich Einfuhrzölle auf Computer und Smartphones gesenkt, um Hürden für die Online-Teilnahme der Bürger abzubauen. Die überwiegende Mehrheit der aserbaidschanischen Erwachsenen besitzt inzwischen ein internetfähiges Mobiltelefon (die Mobilfunkdurchdringung beträgt 110 SIM-Karten pro 100 Einwohner mincom.gov.az und etwa 90 % der Menschen nutzen ein Handy mincom.gov.az). Zudem gibt es staatliche Programme, mit denen kostenfreier Internetzugang in bestimmten Gemeindezentren bereitgestellt wird. Während der COVID-19-Pandemie wurden manche Bildungsplattformen von ISPs als „zero-rated“ (nutzbar ohne Anrechnung auf das Datenvolumen) angeboten, um Fernunterricht zu erleichtern.

Insgesamt sind die Internetpreise in Aserbaidschan für ein Land mit mittlerem Einkommen relativ erschwinglich für den Durchschnittsverbraucher und vergleichbar mit Nachbarländern. Die Weltbank-/ITU-Daten für 2022 zeigen, dass ca. 88 % der Bevölkerung Internetnutzer sind theglobaleconomy.com, was darauf hindeutet, dass die Grundkosten für die meisten Nutzer keine übermäßige Hürde darstellen (andere Faktoren wie Netzabdeckung und Digitalkompetenz beeinflussen die verbleibende Offline-Bevölkerung). Weitere Investitionen und mögliche neue Anbieter (wie satellitenbasierte Dienste) könnten die Preise in den nächsten Jahren weiter senken oder das Preis-Leistungs-Verhältnis (höhere Geschwindigkeiten zum selben Preis) steigern.

Dienstleistungsqualität: Geschwindigkeiten, Latenz und Zuverlässigkeit

Internetspeeds: Die Internetgeschwindigkeiten in Aserbaidschan haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, hinken jedoch weiterhin vielen Industrieländern und auch einigen Nachbarstaaten hinterher. Anfang 2023 lag die mittlere mobile Downloadrate in Aserbaidschan bei 34,6 Mbit/s, die mittlere Festnetz-Breitbandrate bei etwa 26,9 Mbit/s datareportal.com. Beide Werte stiegen im Jahresvergleich deutlich an – die mittlere Festnetzrate legte 2022 mit dem Ausbau der Glasfaser um über 60 % zu, die mobile Rate um rund 23 % dank Netzmodernisierungen datareportal.com. Bis Mitte 2023 stiegen die Festnetzgeschwindigkeiten weiter an; im Speedtest Global Index von Ookla (Mai 2023) erreichte Aserbaidschan einen Medianwert von ca. 29,1 Mbit/s (weltweit Platz 116) caliber.az. Der beschleunigte Glasfaser-Ausbau trägt Früchte: Im Oktober 2024 lag die mittlere Festnetz-Breitbandgeschwindigkeit in Aserbaidschan bei 57,6 Mbit/s, was das Land auf Rang 93 weltweit hob abc.az abc.az. Die Mobilfunkgeschwindigkeiten sind vergleichsweise stark – Ende 2024 betrug die durchschnittliche Downloadrate ca. 55–56 Mbit/s, womit Aserbaidschan im globalen Vergleich um Platz 50 liegt abc.az. Das bedeutet: Beim Mobilfunk schneidet Aserbaidschan besser als viele Vergleichsstaaten ab, während es beim Festnetz aufgeholt hat, aber aus einer schwächeren Ausgangsposition kommt.

Trotz dieser Fortschritte variiert die Qualität stark nach Standort. In Baku profitieren Nutzer mit modernen FTTH-Anschlüssen oft von 50–100 Mbit/s-Tarifen, und Speedtest-Daten zeigten für die Hauptstadt im Oktober 2024 einen Schnitt von ca. 58 Mbit/s abc.az. Außerhalb Bakus und einiger größerer Städte sinken die Geschwindigkeiten allerdings deutlich. Viele ländliche Festnetz-Kunden kommen noch immer mit weniger als 10 Mbit/s aus, da sie auf alternden DSL-Leitungen surfen, und selbst im 4G-Mobilfunk sind in abgelegenen Regionen wegen Netzüberlastung oder schwacher Signale oft nur wenige Mbit/s möglich. Die Regierung hat anerkannt, dass „außerhalb von Baku die Konnektivität in puncto Geschwindigkeit und Stabilität weiterhin schlecht“ ist freedomhouse.org. Dies hängt direkt mit Lücken bei der Infrastruktur und der monopolistischen Kontrolle zusammen: Ein IT-Experte erwähnte, dass unzureichende Investitionen in regionale Leitungen (und staatliche Kontrolle darüber) die Verbindungsgeschwindigkeiten außerhalb der Ballungszentren ausbremsen freedomhouse.org.

Im Vergleich haben einige Nachbarstaaten schnellere Verbesserungen erzielt. So hatten Ende 2022 Weißrussland, Kasachstan, Usbekistan und die Türkei im Festnetzbetrieb allesamt höhere Breitband-Rankings (Kasachstan Rang 96, Türkei 76 usw., während Aserbaidschan damals auf Platz 118 lag) caliber.az. Russland war mit seinem weitreichenden Glasfasernetz deutlich voraus (2021 Platz 51 bei Festnetzgeschwindigkeiten) caliber.az. Solche Vergleiche wurden mit einer gewissen Frustration in der heimischen Presse aufgegriffen und haben das Ministerium angetrieben, den Glasfaserausbau zu forcieren, damit Aserbaidschan gegenüber den GUS-Nachbarn nicht ins Hintertreffen gerät caliber.az. Erwartet wird, dass mit der Erschließung weiterer Haushalte durch Glasfaser die durchschnittlichen Festnetz-Geschwindigkeiten sprunghaft steigen, sodass Aserbaidschan in einigen Jahren weltweit in die Top 70–80 aufrücken könnte.

Latenz: Für inländischen Verkehr und nahegelegene regionale Verbindungen sind die Latenzzeiten in Aserbaidschan ziemlich gut. Innerhalb des Landes liegen die Ping-Werte auf Glasfaser oder 4G typischerweise unter 20 ms. Von Baku nach Europa (z. B. Frankfurt) beträgt die Latenz ca. 60–80 ms über die westliche Glasfaser – akzeptabel für Online-Gaming oder Videotelefonie. Ein altes Problem bestand darin, dass ohne robusten lokalen IXP (Internet Exchange Point) selbst aserbaidschanischer Inlandsverkehr gelegentlich über ausländische Server umgeleitet wurde, was die Latenz erhöhte. Mit lokal zwischengespeicherten Inhalten (Google, Netflix usw.) ist jedoch vieles inzwischen ortsnah ausgeliefert. Bei internationalem Content führen Routen über die Türkei oder Russland zu mittleren Latenzzeiten – nicht so niedrig wie bei Ländern mit direkten Tier-1-Verbindungen, aber auch nicht besonders hoch.

Satellitenanbindungen (geostationär) sind der Ausreißer mit etwa 600 ms Latenz, werden aber nur in Ausnahmefällen eingesetzt. Mit der Einführung von Starlinks Low-Earth-Orbit-Service (Latenz etwa 25–50 ms) können nun auch Nutzer in abgelegenen Gebieten potenziell von einer niedrigen Latenz profitieren (mehr dazu im untenstehenden Satelliten-Abschnitt).

Zuverlässigkeit: Die Netzzuverlässigkeit in Aserbaidschan hat sich verbessert, in der Vergangenheit gab es jedoch erhebliche Störungen. In früheren Jahren traten landesweite Internetausfälle gelegentlich auf, da es Single Points of Failure gab – beispielsweise konnte ein großer Stromausfall oder ein technischer Defekt im Haupthub von Delta Telecom in Baku dazu führen, dass die Konnektivität im ganzen Land ausfiel. Freedom House merkte an, dass solche weitverbreiteten Ausfälle in der Vergangenheit alle paar Jahre vorkamen, allerdings wurden im Zeitraum 2022–2023 keine verzeichnet freedomhouse.org. Ein berüchtigter Vorfall ereignete sich 2015, als ein Brand in einem wichtigen Rechenzentrum dazu führte, dass ein Großteil des Landes stundenlang ohne Internet war. Seitdem wurde mehr Redundanz geschaffen. Die Präsenz mehrerer Backbone-Betreiber (Delta, AzerTelecom etc.) und neue Batterie-Backups haben das Risiko eines vollständigen Blackouts reduziert.

Auf lokaler Ebene berichten Nutzer weiterhin von häufigen kleineren Problemen: Verlangsamungen zu Stoßzeiten am Abend, kurze Verbindungsausfälle oder verringerte Geschwindigkeiten. Ein Teil davon wird auf technische Einschränkungen (z.B. alte Infrastruktur) zurückgeführt, und ISPs führen Ausfälle oft auf „präventive Wartungsarbeiten“ an den Netzen zurück freedomhouse.org. Es gibt jedoch auch Vorwürfe, dass ISPs gelegentlich absichtlich drosseln oder den Dienst unter externem Druck einstellen. So haben Kunden zum Beispiel während politischer Proteste oder sensibler Ereignisse plötzliche Einbrüche in der Internetqualität bemerkt. Es gibt Behauptungen (auch von IT-Experten und oppositionellen Aktivisten), dass Anbieter auf Anweisung der Behörden Verbindungen drosseln oder das mobile Internet in bestimmten Gebieten zeitweise abschalten freedomhouse.org. Regierung und ISPs bestreiten in der Regel politisch motivierte Ausfälle, aber ein Zusammenhang zwischen Konnektivitätsproblemen und Protesten oder Konfliktzeiten wurde beobachtet. Ein sehr prominenter Fall war September 2020 zu Beginn des zweiten Karabachkriegs: Die Regierung verhängte de facto Internetsperren im Rahmen des Kriegsrechts, was über Wochen hinweg zu gravierenden Einschränkungen führte (komplette Blockierung sozialer Medien). In einem jüngeren Beispiel blockierten die Behörden von September bis November 2022 den Zugang zu TikTok während Grenzgefechten mit Armenien freedomhouse.org freedomhouse.org – das war zwar kein vollständiger Blackout, aber eine gezielte Einschränkung von Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit.

Im Allgemeinen ist das Netz außerhalb solcher absichtlichen Eingriffe stabiler geworden. Das Monopol über die Infrastruktur hat allerdings zur Folge, dass bei einem Ausfall des AzTelekom-Netzes viele abhängige ISPs und Nutzer betroffen sind. Der Regierungsplan zur Einführung von Quality-of-Service-Standards (2023 von der Regulierungsbehörde genehmigt) soll Anbieter für Verfügbarkeit und Performance zur Verantwortung ziehen caliber.az. Besonders Kunden in den Regionen sind frustriert über wiederholte Ausfälle. Einige private ISPs versuchen sich durch besseren Support und schnellere Reparaturen zu differenzieren, sind aber oft auf dieselben physischen Leitungen angewiesen.

Zusammenfassung der Gesamtqualität: Die Internetdienstqualität in Aserbaidschan ist durchwachsen. Wo sie gut ist – hauptsächlich in urbanen Gebieten mit Faserabdeckung – erreichen Nutzer Weltklasse-Geschwindigkeiten und niedrige Latenz, die für HD-Streaming, Online-Gaming und Videokonferenzen ausreicht. Die Mobilfunknetze in Baku liefern Geschwindigkeiten, mit denen sich jede Smartphone-Anwendung problemlos nutzen lässt. Konsistenz ist jedoch ein Problem: Ein Nutzer in einer Kleinstadt erlebt vielleicht Buffering bei YouTube-Videos, während ein Nutzer in Baku gleichzeitig makelloses 4K-Streaming genießt. Die Regierung erkennt diese Unterschiede in Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit als Hemmnis für ihre digitalen Entwicklungsziele an und investiert daher stark in Glasfaser sowie das Ziel von mindestens 25 Mbit/s für alle mincom.gov.az freedomhouse.org. Wenn diese Ausbauschritte weiterhin verfolgt werden, sollte die durchschnittliche Dienstleistungsqualität steigen. Internetnutzer in Aserbaidschan hoffen, dass häufige Verlangsamungen und Verbindungsabbrüche der Vergangenheit angehören, wenn die Infrastruktur aufholt und echter Wettbewerb die ISPs zu besseren Leistungen zwingt.

Staatliche Politik, Regulierung und Zensur

Die aserbaidschanische Regierung spielt im Telekommunikationssektor eine starke Rolle – als Politikgestalter, Regulierungsbehörde und (über staatliche Unternehmen) Betreiber. Das hat zu einem regulatorischen Umfeld geführt, das stark kontrolliert und teilweise politisiert ist. Formell wird der Sektor vom Telekommunikationsgesetz von 2005 geregelt und vom Ministerium für digitale Entwicklung und Transport (früher: Ministerium für Kommunikation und Hochtechnologien) überwacht. In der Praxis regulierte das Ministerium bis vor Kurzem selbst die wichtigsten Anbieter und betrieb sie gleichzeitig (eine funktionale Trennung wurde 2008 angestoßen, ist aber unvollständig en.wikipedia.org). Das Resultat ist, dass politische Entscheidungen oft den staatlichen Geschäftsinteressen entsprechen.

Regulatorischer Rahmen: In den frühen 2000ern hat Aserbaidschan den Telekommunikationsmarkt nominell liberalisiert – zum Beispiel wurde 2002 die Lizenzpflicht für ISPs abgeschafft en.wikipedia.org. Das führte jedoch nicht zu einem wirklich offenen Markt. Das Ministerium gab weiterhin informelle Direktiven heraus und ignorierte gelegentlich die fehlende Lizenzpflicht, um ISPs bei der Einhaltung zu kontrollieren en.wikipedia.org. Zentrale Telekomdienste (wie internationale Voice-Gateways oder VoIP in den Anfangsjahren) mussten lizenziert werden. Das Ministerium (und damit die Regierungselite) behielt Beteiligungen an mehreren führenden ISPs und Mobilfunkanbietern und übte so weiterhin Einfluss aus en.wikipedia.org freedomhouse.org. Aserbaidschan bewarb sich 1997 um WTO-Mitgliedschaft und musste dafür den Zugang zum Telekommarkt reformieren; hierbei gab es zwar Fortschritte, aber der Beitritt stockte, unter anderem weil lokale Geschäftskreise um ihre geschützten Positionen fürchteten en.wikipedia.org.

Eine bemerkenswerte aktuelle Entwicklung ist der Plan der Regierung, die obligatorische Registrierung aller Internetanbieter und Betreiber einzuführen. Im März 2023 wurden Vorschriften erlassen, die ISPs verpflichten, sich beim Ministerium in einem neuen System zu registrieren, angeblich um eine Datenbank zu erstellen und die Verantwortlichkeit zu erhöhen freedomhouse.org freedomhouse.org. Offizielle Stellen behaupten, das diene der Überwachung der Dienstqualität und stelle sicher, dass Anbieter die Standards erfüllen freedomhouse.org. Manche unabhängige ISPs äußerten jedoch Bedenken, dass bei der Registrierung sensible Informationen gefordert werden und Transparenz fehlt. Sie fürchten, das System könnte als zusätzliches Kontrollinstrument dienen freedomhouse.org. Das Ministerium hat diese Bedenken zurückgewiesen und erklärt, es setze lediglich bestehende Gesetze um.

Staatliche Initiativen: Der Staat hat verschiedene Programme zur Förderung der IKT aufgelegt. Eine „Strategische Roadmap für Telekommunikation und IT“ wurde 2016 verabschiedet, die Ziele für die Breitbanddurchdringung und E-Government-Nutzung setzt freedomhouse.org. Unter Präsident Aliyev sind Digitalisierungsprojekte oft top-down organisiert – etwa der aktuelle Vorstoß für 100 % Breitbandabdeckung, der auf präsidentieller Ebene vorangetrieben wird caliber.az. Die Regierung gründete zudem eine Innovationsagentur und Technologieparks zur Förderung lokaler Tech-Unternehmen. Kritiker merken jedoch an, dass eine tatsächliche regulatorische Unabhängigkeit fehlt. Dieselbe Behörde, die die Telekommunikationsentwicklung fördert, kann Anbieter auch sanktionieren oder sperren – was problematisch ist, wenn politische Fragen aufkommen.

Internetzensur und Inhaltsregulierung: Aserbaidschan wird von Watchdog-Organisationen wie freedomhouse.org bezüglich der Internetfreiheit mit „nicht frei“ bewertet. Die Regierung hat eine Geschichte der Zensur von Online-Inhalten und der Unterdrückung von abweichenden Meinungen. Zwar gibt es kein landesweites, dauerhaftes Firewall-System (viele globale Webseiten sind zugänglich), jedoch blockieren und filtern die Behörden selektiv bestimmte Websites, besonders die von Oppositionsgruppen oder unabhängigen Medien. So wurden zum Beispiel populäre unabhängige Nachrichtenportale wie Azadliq, Meydan TV, Turan und andere immer wieder innerhalb Aserbaidschans gesperrt freedomhouse.org freedomhouse.org. Die Entscheidungen zur Sperrung erfolgen oft willkürlich und aus politischen Gründen – meist trifft es Inhalte, die das Aliyev-Regime kritisieren freedomhouse.org. Durch Gesetzesänderungen von 2017 erhielten die Behörden erweiterte rechtliche Grundlagen, die Sperrung von Webseiten anzuordnen – auch ohne vorherige richterliche Genehmigung (das Gericht muss nur innerhalb von 48 Stunden nachträglich informiert werden) freedomhouse.org. Die Behörden rechtfertigen Sperrungen meist mit Gründen wie Bedrohung der nationalen Sicherheit oder „unpatriotischen Inhalten“, in der Praxis dient dies jedoch offenbar dazu, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Neben der Sperrung von Websites setzt die Regierung auf temporäre Einschränkungen sozialer Medien in sensiblen Situationen. Wie bereits erwähnt, wurde der Zugang zu Plattformen wie TikTok Ende 2022 während Grenzkonflikten vorübergehend blockiert freedomhouse.org freedomhouse.org. In früheren Fällen wurden Dienste wie YouTube, Facebook, WhatsApp und Skype während politischer Proteste oder an Wahltagen teilweise gedrosselt oder abgeschaltet az-netwatch.org. Solche Abschaltungen sind meist kurzfristig, dienen aber dazu, Kommunikation und Informationsfluss zu stören, wenn die Regierung Unruhen befürchtet. Die Behörden räumen derartige Maßnahmen öffentlich selten ein; während des Kriegsrechts 2020 wurde die Internetstörung beispielsweise als Sicherheitsmaßnahme gerechtfertigt (etwa um die Verbreitung von Kriegsaufnahmen zu verhindern).

Überwachung und Nutzerrechte: Es gibt erhebliche Hinweise, dass die aserbaidschanische Regierung den Internetverkehr und die elektronische Kommunikation überwacht. Seit Anfang der 2010er-Jahre enthüllten Recherchen, dass westliche Telekommunikationsunternehmen (wie TeliaSonera) Überwachungstechnologien an aserbaidschanische Behörden lieferten, wodurch Deep Packet Inspection und direkter Zugang zu Telekom-Unternehmensnetzen für Sicherheitsbehörden ermöglicht wurden az-netwatch.org. Equipment von Firmen wie Verint und vermutlich auch Spyware der NSO Group kamen zum Einsatz, um Geräte von Aktivisten zu überwachen az-netwatch.org. Aktivisten und oppositionelle Blogger vermuten oft, dass ihre E-Mails oder sozialen Medien überwacht werden. Tatsächlich gab es zahlreiche Fälle, in denen Blogger und Social-Media-Nutzer wegen ihrer Online-Posts verhaftet oder schikaniert wurden. Die Regierung hat bestimmte Formen des Online-Ausdrucks kriminalisiert – so wurde u.a. das Verleumdungsgesetz auf Online-Inhalte ausgeweitet, und das Posten von Material, das „die Würde des Staates beleidigt“, kann strafrechtlich verfolgt werden en.wikipedia.org az-netwatch.org. Zu den bekanntesten Fällen zählt die Inhaftierung des Bloggers Mehman Huseynov und anderer auf allgemein als vorgeschoben betrachtete Anklagen im Zusammenhang mit ihrer Online-Anti-Korruptionsarbeit. Das Ergebnis ist ein Klima der Selbstzensur: Viele Journalisten und auch gewöhnliche Nutzer zügeln ihre Online-Äußerungen, um Ärger zu vermeiden freedomhouse.org freedomhouse.org. Der Freedom House-Report Freedom on the Net 2023 hebt hervor, dass „das langjährige Vorgehen gegen unabhängige Medien – in Kombination mit Verhaftungen von Online-Aktivisten – zu umfassender Selbstzensur geführt hat“ freedomhouse.org.

Trotz dieses Drucks ist die Online-Szene in Aserbaidschan aktiv – Bürger nutzen soziale Medien (Facebook, YouTube, Instagram und zunehmend Telegram), um über Themen zu diskutieren und gelegentlich auch Kritik zu äußern. Die Regierung setzt auf eine Mischung aus offener Blockade und verdeckter Einflussnahme. So wird zum Beispiel Facebook – was sehr unpopulär wäre – nicht generell verboten, sondern Dissens eher durch Trollfabriken, regierungsfreundliche Kommentatoren und subtile Drosselung der Dienste gesteuert. Im Jahr 2022 trat ein neues Mediengesetz in Kraft, das für Medienanbieter (einschließlich Online-Nachrichtenseiten) die Registrierung bei einem staatlichen Medienregister zur Pflicht macht freedomhouse.org. Die Behörden verweigerten mehreren unabhängigen Medien die Registrierung, was sie de facto als illegitim abstempelte freedomhouse.org. Dieses Gesetz gibt der Regierung zudem stärkere Handhabe, Websites zu schließen, die nicht registriert sind oder vage definierte Informationsregeln verletzen.

Zusammengefasst ist die Regierungspolitik zum Internet in Aserbaidschan zweigleisig: Sie fördert aggressiv Infrastruktur und digitale Dienste zum Wirtschaftswachstum, wahrt aber gleichzeitig strenge Kontrolle über Inhalte und Zugänge, sobald es politisch wird. Die aktuelle Führung sieht das Internet klar als wirtschaftliche Notwendigkeit und zugleich politische Bedrohung. Daher wird einerseits in die Ausweitung der Konnektivität (etwa Breitband für alle Regionen) investiert, andererseits aber auch in Überwachung und juristische Werkzeuge, um das Internet „auf Linie“ mit den Interessen des Regimes zu halten en.wikipedia.org. Das bedeutet: Aserbaidschanische Nutzer profitieren von modernen Netzen und steigenden Geschwindigkeiten, bewegen sich aber in einem Umfeld, in dem bestimmte Themen tabu sind und Privatsphäre unsicher bleibt. Beobachter werden künftig darauf achten, ob Aserbaidschan eine weitergehende Kontrolle – etwa mittels nationalem Internet-Gateway-Filter nach russischem Vorbild oder mit drastischeren Social-Media-Gesetzen – einführt. Vorerst sind die Kontrollen zwar bemerkenswert, aber nicht absolut: Technikaffine Nutzer verwenden häufig VPNs, um gesperrte Seiten zu erreichen, und verschlüsselte Messenger wie Telegram dienen für vergleichsweise freie Diskussionen.

Satelliteninternet in Aserbaidschan: Die letzte Grenze überwinden

Angesichts des gebirgigen Geländes und einiger abgelegener Siedlungen ist Satelliteninternet seit langem ein Bestandteil von Aserbaidschans Konnektivitätsstrategie – und tritt jetzt durch Technologie im niedrigen Erdorbit in eine neue Ära ein.

Nationale Satellitenprogramme (Azerspace): Aserbaidschans zwei geostationäre Satelliten, Azerspace-1 und Azerspace-2, sind seit 2013 bzw. 2018 für Telekommunikationszwecke in Betrieb en.wikipedia.org. Sie werden von der staatlichen Agentur Azercosmos verwaltet und dienen in erster Linie TV-Sendern und internationalen Kunden, ermöglichen aber auch inländisches Satelliten-Breitbandinternet über VSAT-Terminals. Der Azercosmos-Dienst Azconnexus nutzt diese Satelliten, um Internet zum Beispiel an ländliche Gemeinden, Notfalleinsätze und kritische Infrastrukturen (z.B. Offshore-Ölplattformen) zu liefern satelliteprome.com. C-Band-Beams decken Aserbaidschan und angrenzende Regionen mit verlässlichen Verbindungen auch bei schlechtem Wetter ab, während Ku-Band kleinere Antennen für mobilere Einsätze ermöglicht satelliteprome.com satelliteprome.com. Gerade für entlegene Grenzposten oder Backup-Verbindungen, etwa für Banken, ist dies entscheidend. Die Regierung hat betont, dass auch die neu zurückgewonnenen Gebiete in Bergkarabach über Satellitenanschlüsse vorübergehend angeschlossen werden sollen, bis das terrestrische Netz wieder steht. Ein Nachteil sind allerdings die Kosten – VSAT-Equipment und Satellitenbandbreite waren traditionell teuer. Daher richtete sich Azerspace-basiertes Internet nicht an Endverbraucher, sondern an Behörden und Unternehmen, die bereit sind, für Konnektivität dort, wo sonst nichts funktioniert, einen Aufpreis zu zahlen satelliteprome.com. So kann beispielsweise ein Ölfeld Azconnexus für die Überwachungssysteme nutzen oder eine ländliche Verwaltungseinheit ihr Büro via Satellit anbinden, wenn Glasfaser noch Jahre entfernt ist.

Starlink und neue LEO-Dienste: Eine große Entwicklung kam in den Jahren 2023–2025: Das Satelliteninternet Starlink von SpaceX ist in Aserbaidschan verfügbar geworden. Im März 2025 gab Starlink offiziell bekannt, dass sein hochgeschwindigkeits- und latenzarmes Internet nun in Aserbaidschan aktiv ist caspianpost.com. Damit ist Aserbaidschan eines der wenigen Länder der Region mit Starlink-Abdeckung (auch das benachbarte Georgien und Armenien haben kürzlich Zugang erhalten, während Russland und Iran aufgrund regulatorischer Probleme weiterhin außen vor bleiben). Die Starlink-Konstellation von Satelliten im niedrigen Erdorbit kann ~50–150 Mbit/s Downlink-Geschwindigkeit bei Latenzen von nur 20–40 ms liefern – das ist ein enormer Fortschritt gegenüber der traditionellen Satellitenkommunikation caspianpost.com. Für Aserbaidschans abgelegene Nutzer eröffnet sich so wortwörtlich eine neue Grenze – Orte, die niemals eine Glasfaserleitung oder auch nur einen zuverlässigen Sendemast sehen würden, können mit freiem Blick zum Himmel Breitbandinternet auf DSL- oder Kabelniveau genießen.

Starlink hat allerdings seinen Preis. Frühe Nutzer melden, dass die monatliche Abonnementgebühr etwa 100 AZN (≈ 59 $) beträgt und das Starlink-Hardware-Kit (Antenne + Router) ca. 670 AZN (≈ 400 $) als Einmalzahlung kostet, plus rund 50 AZN Versand tech.az. Das ist im Verhältnis zum lokalen Einkommen ziemlich hoch – viele ländliche Haushalte könnten sich 60 $ im Monat kaum leisten (das ist ein Vielfaches eines einfachen Mobilfunktarifs). Somit ist Starlink in Aserbaidschan wohl zunächst ein Nischenprodukt: Unternehmen in abgelegenen Regionen, wohlhabendere Privatpersonen auf dem Land oder eventuell gemeinschaftlich genutzte Anschlüsse. Interessanterweise spekulierten aserbaidschanische Internetnutzer, dass die Ankunft von Starlink Druck auf lokale Anbieter bei Qualität oder Preis ausüben könnte, während manche scherzhaft fürchteten, die ISPs könnten ihre Preise nun in die Höhe treiben und dies mit Starlinks hohen Kosten begründen tech.az. Auf jeden Fall ist Starlink ein neuer Konkurrent – einer, der nicht unter der Kontrolle des staatlichen Telekommunikationsmonopols steht, denn die Verbindung erfolgt direkt vom Satelliten zum Nutzer. Das könnte erhebliche Folgen haben: Zum einen bietet sich damit ein Weg zum unzensierten Internet (es sei denn, die Regierung versucht, Starlink-Terminals zu verbieten). Jeder mit einer Starlink-Schüssel kann die nationalen Internet-Gateways Aserbaidschans umgehen, wodurch es den Behörden erschwert wird, Zugriff zu filtern oder Dienste zu unterbrechen. Es bleibt abzuwarten, wie die Regierung damit umgeht; bislang scheint der Start von Starlink im Land ohne größere Hürden durchgelassen worden zu sein.

Neben Starlink gibt es weitere Satellitenoptionen wie Viasat oder das kommende OneWeb, aber diese haben Stand 2025 entweder noch keine Abdeckung oder werden in Aserbaidschan nicht aktiv vermarktet. OneWeb (eine britische LEO-Satellitenkonstellation) könnte die Region später abdecken, und Azercosmos hat sogar Interesse an Partnerschaften für künftige Satellitenprojekte bekundet, da in den kommenden Jahren der Start von Azerspace-3 geplant ist. Außerdem gibt es für sehr abgelegene Nutzer abseits von Starlink über lokale Händler (wie BusinessCom Networks) klassisches VSAT-Breitband über Azerspace oder andere regionale Satelliten. Ein Vor-Ort-Bericht von 2021 hielt fest, dass „das Land enorm von Satellitendiensten profitieren könnte“ – sowohl für Industrie als auch den Staat, und tatsächlich sind Branchen wie Öl & Gas, Bergbau und Tourismus in entlegenen Regionen auf solche Verbindungen angewiesen bcsatellite.net bcsatellite.net.

Anwendungsfälle für unterversorgte Regionen: In der bergigen Exklave Nachitschewan (durch armenisches Staatsgebiet von Aserbaidschan getrennt) beruhte die Internetanbindung lange auf Richtfunk und Satellit, bevor schließlich Glasfaser durch den Iran verlegt wurde. Noch heute sorgen Backup-Satellitenverbindungen für Ausfallsicherheit in Nachitschewan. Ähnlich statten kleine Dörfer hoch im Kaukasus (z.B. in den Regionen Guba oder Lerik) manchmal ein Gemeindezentrum oder eine Schule mit einer Satellitenschüssel aus, um den Bewohnern Internet zu bieten. Durch Starlink könnte nun sogar ein einzelner Bauernhof oder eine Nomadensiedlung theoretisch Breitbandinternet haben – vor wenigen Jahren undenkbar. Ein weiteres mögliches Einsatzgebiet ist das Katastrophenmanagement: Aserbaidschan ist anfällig für Erdrutsche und gelegentliche Erdbeben; wenn terrestrische Netzwerke ausfallen, können Satelliten die Kommunikation für Helfer aufrechterhalten.

Zusammengefasst hat sich das Satelliteninternet in Aserbaidschan vom Nischenprodukt für Unternehmen zu einer realistischen Verbraucheroption mit dem Aufkommen von Starlink gewandelt. Die eigenen Satelliten von Azercosmos spielen weiterhin eine wichtige Rolle für kritische Einsatzbereiche und als Teil der Weltraumambitionen des Landes (die Regierung ist stolz, als erstes Land im Kaukasus Telekommunikationssatelliten zu besitzen). Nun scheint das „letzte Stück“ der landesweiten Vernetzung in Reichweite. Der erfolgreiche Start von Starlink 2025 ist ein Meilenstein – er bedeutet, dass selbst entlegene Weideflächen und Grenzposten online gehen können, wenn nötig caspianpost.com. Die Kombination aus landesweiter Glasfaser am Boden und Satellitenabdeckung aus dem All könnte die letzten weißen Flecken auf Aserbaidschans Landkarte schon bald verschwinden lassen.

Regionale Vergleiche und internationale Benchmarks

Der Vergleich von Aserbaidschans Internetzugang mit dem der regionalen Nachbarn und vergleichbaren Ländern bietet Kontext für die Fortschritte. Beim gesamten Internetdurchdringungsgrad liegt Aserbaidschan leicht vor den anderen Kaukasus-Staaten. Etwa 88–89 % der Bevölkerung Aserbaidschans waren 2022–2023 Internetnutzer, so die ITU und nationale Angaben theglobaleconomy.com freedomhouse.org. Das ist mehr als Georgien (ca. 82 % in 2023) und Armenien (~78–79 % in 2022) fred.stlouisfed.org theglobaleconomy.com. Dies liegt zudem über dem globalen Schnitt von rund 66 % und sogar über dem Durchschnitt für Länder mit gehobenem mittlerem Einkommen. Ursache für die hohe Nutzungsrate sind vor allem massive Investitionen in Mobilfunkabdeckung und städtische Breitbandnetze. Bemerkenswert ist, dass der Unterschied zwischen Stadt und Land kleiner ausfällt als erwartet: Offiziellen Zahlen zufolge waren 2022 etwa 83 % der Landbevölkerung online und 90,5 % der Stadtbewohner mincom.gov.az mincom.gov.az, was zeigt, dass die Digitalisierung bis tief ins Land vorangeschritten ist.

Bei der Breitbandverfügbarkeit liegt Aserbaidschans Festnetz-Breitbandabonnementrate (rund 21 auf 100 Einwohner in 2023) statista.com im Mittelfeld – höher als bei Armenien (~17 pro 100), aber geringer als etwa in der Türkei oder Russland. Im Bereich mobiles Breitband (77 auf 100 Einwohner in 2022) liegt Aserbaidschan auf Augenhöhe mit vielen europäischen Staaten freedomhouse.org. Diese Werte zeigen, dass Aserbaidschan beim Netzausbau nicht zurückgeblieben ist.

In puncto Internetspeed und Qualität lag Aserbaidschan (wie oben beschrieben, wenn auch mit schneller Verbesserung) aber lange zurück. Noch 2022 war die durchschnittliche Festnetzbandausbreitung deutlich niedriger als in zentralasiatischen Ländern, die per Glasfaser einen Sprung nach vorne gemacht hatten (Kasachstan, Usbekistan) caliber.az. Bis Ende 2024 schloss Aserbaidschan manche Lücke, hinkt aber führenden Nationen oder selbst Russland weiter klar hinterher. Bei mobilen Geschwindigkeiten ist Aserbaidschan in der Region stark – schneller als Armenien und Georgien und etwa gleichauf mit den Durchschnittswerten der Türkei. Im Speedtest Global Index für Mobilfunk rangiert Aserbaidschan oft in den 50er-Rängen, und ist damit einer der besseren in der postsowjetischen Region (z.B. im Oktober 2024 Platz 54 bei mobilem Internet, vor Kasachstan und allen Nachbarn im Südkaukasus) abc.az.

Im Bereich Erschwinglichkeit schneidet Aserbaidschan relativ gut ab: Mit 1,3 % des BNE für Breitband liegt das Land vor Staaten wie Armenien (2,5 % des BNE für Breitband) im ITU-Vergleich zur Erschwinglichkeit theglobaleconomy.com tradingeconomics.com. Regionale Initiativen wie die Roaming-Vereinbarung der Eurasischen Wirtschaftsunion betreffen Aserbaidschan zwar nicht direkt (keine Mitgliedschaft), aber das Land hat die Roaming-Gebühren mit einigen Nachbarn einseitig gesenkt, um mobile Nutzung über die Grenze hinweg zu erleichtern (insbesondere mit der Türkei und Russland in den letzten Jahren).

Ein wichtiger regionaler Aspekt ist die digitale Kluft innerhalb der weiteren Region. Der Südkaukasus insgesamt weist eine anständige Internetdurchdringung auf (~80 % im Durchschnitt für Armenien/Georgien), was höher ist als in vielen Teilen Zentralasiens (z. B. Kirgisistan ~60 %, Tadschikistan ~30–40 %). Aserbaidschan betont oft, dass es vielen GUS-Staaten beim IKT-Entwicklungsindex voraus ist. Laut dem ICT Development Index der Vereinten Nationen (neueste Daten) belegte Aserbaidschan vor einigen Jahren weltweit den 65. Platz, was über Armenien (73. Platz) und Georgien (78. Platz) sowie deutlich über den zentralasiatischen Staaten lag. Im Networked Readiness Index des Weltwirtschaftsforums erzielte Aserbaidschan historisch ebenfalls gute Werte bei der Infrastruktur, jedoch niedrigere Werte beim politischen/regulatorischen Umfeld aufgrund von Zensurproblemen.

Eine regionale Herausforderung besteht darin, dass Aserbaidschan mit Nachbarländern für die Vernetzung zusammenarbeiten muss. Der andauernde Konflikt mit Armenien bedeutet, dass es kein direktes Internetkabel zwischen diesen beiden Ländern gibt (der Datenverkehr wird über Georgien oder Russland geleitet). Hingegen tauschen Georgien und Armenien Datenverkehr direkt aus. Auf der anderen Seite bietet die enge Partnerschaft mit Türkei Vorteile – TurkTelecom ist ein wichtiger Transitprovider für das Internet in Aserbaidschan, und die politischen Beziehungen haben den Aufbau weiterer Verbindungen in diese Richtung erleichtert en.wikipedia.org.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Aserbaidschan in seiner Region durch breite Zugänglichkeit und starke Mobilfunknetze hervorsticht, während es bei der Geschwindigkeit des festen Breitbands sowie möglicherweise bei der Förderung eines wettbewerbsfähigen Marktes noch aufholt. Im Vergleich zu ähnlichen Ländern ist die Bevölkerung Aserbaidschans relativ gut vernetzt, genießt jedoch noch nicht die Spitzenqualität, die einige Nachbarn durch frühzeitige Glasfaser-Einführung erreicht haben. Mit zunehmender regionaler Integration (etwa durch digitale Programme der Östlichen Partnerschaft der EU) wird Aserbaidschan seine Kennzahlen wohl weiter verbessern, um ein regionaler Führer im Bereich IKT zu bleiben – ein Status, den die Regierung aktiv vermitteln möchte.

Zukunftsausblick: Auf dem Weg zur digitalen Inklusion und aufgewerteten Infrastruktur

Die Zukunft des Internetzugangs in Aserbaidschan sieht dynamisch aus, da das Land ehrgeizige Ziele für die vollständige Konnektivität verfolgt und neue Technologien einführt. Mehrere wichtige Trends und Pläne definieren den Ausblick:

Landesweite Breitbandabdeckung: Das erklärte Ziel der Regierung ist es, „bis 2024 eine vollständige Abdeckung des Territoriums Aserbaidschans mit Breitbandinternet sicherzustellen“ und allen Nutzern Downloadraten von mindestens 25–30 Mbit/s zu liefern caliber.az freedomhouse.org. Um dies zu erreichen, beschleunigen das Ministerium für digitale Entwicklung und Transport sowie seine Unterorganisationen (AzTelekom, Baktelecom) den Glasfaserausbau in bislang nicht versorgten Gebieten. Dies umfasst die Verlegung von Glasfaserleitungen nicht nur zu jeder Stadt und jedem Bezirkszentrum, sondern auch zu Dörfern und neu erschlossenen Siedlungen. Parallel dazu werden kabellose Lösungen (wie LTE-Festnetzzugänge oder zukünftig möglicherweise 5G-FWA) für die am schwersten zugänglichen Orte eingesetzt. Angesichts des bisherigen Fortschritts – in den letzten Jahren erhielten nahezu die Hälfte der Haushalte Zugang zu Glasfaserinternet caliber.az – ist es plausibel, dass bis 2025–2026 nahezu jeder Haushalt, der einen Internetanschluss wünscht, eine Hochgeschwindigkeitsoption haben wird. Die Schließung der Stadt-Land-Kluft ist ein politisches und wirtschaftliches Ziel und Teil breiterer Bemühungen um „digitale Inklusion“. Wir können davon ausgehen, dass weiterhin Finanzierung von Institutionen wie EBRD, Weltbank und anderen zur Unterstützung des ländlichen Breitbandausbaus fließen wird, da dies mit internationalen Entwicklungszielen übereinstimmt.

5G-Ausbau und mobile Entwicklung: In den nächsten Jahren wird Aserbaidschan voraussichtlich von 5G-Testläufen zur kommerziellen Einführung übergehen. Sowohl Azercell als auch Bakcell haben 5G erfolgreich in Baku getestet freedomhouse.org. Die Regierung wird Frequenzen (wahrscheinlich im C-Band und im Millimeterwellenbereich) für 5G zuweisen und möglicherweise eine Auktion abhalten oder Lizenzen vergeben müssen. Da der Mobilfunkmarkt de facto von drei Anbietern mit staatlicher oder wirtschaftlich starker Anbindung dominiert wird, könnte eine faire Auktion wenig wettbewerbsorientiert ausfallen – aber so oder so wird 5G schrittweise eingeführt. Bis 2025 könnten wir 5G-Hotzones in Baku (z. B. Stadtzentrum, Geschäftsviertel, Flughafenbereich) sehen, gefolgt von einer Ausweitung auf andere Großstädte und Industriezentren. Eine vollständige landesweite 5G-Abdeckung wird vermutlich länger dauern, wohl eher in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts, abhängig auch von wirtschaftlichen Faktoren (die Anbieter wägen das Umsatzpotenzial ab). Dennoch will Aserbaidschan technologisch nicht ins Hintertreffen geraten; während das benachbarte Russland bei 5G im Rückstand ist, machen Golfstaaten und die Türkei bereits Tempo, daher wird Aserbaidschan Schritt halten wollen, um Investitionen anzuziehen. Anwendungsbereiche für 5G in Aserbaidschan könnten Smart-City-Anwendungen in Baku, mobiles Breitband für das Formel-1-Straßenrennen (das in Baku stattfindet) und private 5G-Netze für die Ölindustrie sein.

Verbesserte Satellitenintegration: Aserbaidschan wird Satelliten weiterhin für spezielle Anforderungen nutzen. Azercosmos plant Berichten zufolge seinen nächsten Telekommunikationssatelliten (Azerspace-3), um die Kapazität und Abdeckung zu erweitern, möglicherweise mit moderner Hochdurchsatz-Satellitentechnologie (HTS). Außerdem könnte Azercosmos mit LEO-Konstellationen zusammenarbeiten – beispielsweise könnten sie Starlink- oder OneWeb-Gateway-Stationen beherbergen, wenn eine Einigung erzielt wird, und so zu einem regionalen Servicezentrum für Satelliteninternet werden. Mit dem Markteintritt von Starlink steht auch eine regulatorische Anpassung zur Debatte: Die Regierung könnte Regeln für die Satelliten-Nutzert erminals einführen – möglicherweise mit Genehmigungs- oder Registrierungspflicht (wie in manchen Ländern) –, insbesondere falls viele Bürger auf Starlink für einen unzensierten Internetzugang ausweichen. Idealerweise werden Satelliten jedoch das nationale Netz ergänzen, indem sie wirklich abgelegene Gebiete versorgen und zusätzliche Resilienz bieten.

Verbesserung von Dienstleistungsqualität und Wettbewerb: In Anerkennung früherer Qualitätsmängel setzen die Telekom-Behörden Aserbaidschans Standards für Dienstleistungsqualität und Überwachung um. Dazu gehören Kennzahlen für Verfügbarkeit, Datendurchsatz und Latenzzeiten, denen Internetanbieter gerecht werden müssen caliber.az. Sollte dies durchgesetzt werden, könnten Anbieter gezwungen sein, mehr in den Netzausbau und Ausfallsicherheit zu investieren. Die Regierung hat zudem einen EU-Zuschuss in Höhe von 1 Million Euro zur Unterstützung institutioneller Reformen im Bereich der Telekom-Regulierung erhalten (beispielsweise zur Schaffung einer unabhängigen Regulierungsbehörde und zur Stärkung wettbewerbsrechtlicher Schutzmechanismen) neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu. In den nächsten Jahren könnte die formelle Einrichtung einer unabhängigen Telekom-Regulierungsbehörde abseits des Ministeriums erfolgen, was ein Schritt zu internationalen Best Practices wäre. Mehr Transparenz bei der Lizenzvergabe und der Frequenzvergabe würde ebenfalls das Investitionsklima verbessern.

Ein Anschub für den Wettbewerb könnte erfolgen, wenn der Markt für neue Anbieter geöffnet wird oder kleinere ISPs gedeihen können. Beispielsweise bedeutet die zunehmende Rolle von NEQSOL (Eigentümer von Bakcell und AzerTelecom), dass ein starker privater Akteur präsent ist; NEQSOL könnte durchaus direkter in das Geschäft mit festen Breitbandanschlüssen für Endkunden eintreten und AzTelekom, insbesondere in Städten, herausfordern. Alternativ könnte es ausländische Telekom-Investitionen geben, falls Aserbaidschan (nach einem möglichen WTO-Beitritt) ausländische ISPs oder Betreiber zulässt. Angesichts der engen staatlichen Kontrolle werden sich jedoch alle solche Entwicklungen vermutlich vorsichtig vollziehen.

E-Government und digitale Wirtschaft: Ein verbesserter Internetzugang ist die Grundlage für Aserbaidschans breitere Pläne zur digitalen Transformation. Das Land hat E-Government-Portale ausgebaut (z. B. für E-Visa, Online-Steuererklärungen, digitale Ausweise etc.). Mit fast 90 % der Bevölkerung online kann die Regierung zunehmend Dienstleistungen digital anbieten, was sie als Teil der Anti-Korruptions- und Effizienzmaßnahmen konsequent tut. Bis 2025 ist zu erwarten, dass Dienste wie Online-Notariat, elektronische Gesundheitsakten und digitale Bildungsplattformen, gerade mit der Verbesserung der ländlichen Konnektivität, mehr genutzt werden. Aserbaidschan hat zudem Ambitionen im Tech-Startup-Bereich – ein flächendeckendes Internet ermöglicht es Talenten aus allen Regionen, an der digitalen Wirtschaft (Programmierung, Freelancing, Content-Erstellung) teilzunehmen. In Sekundärstädten wie Gandscha oder Şamaxı könnten nach der Anbindung mit Hochgeschwindigkeitsinternet neue Tech-Hubs oder Inkubatoren entstehen, um den Technologiesektor von Baku zu dezentralisieren.

Grenzüberschreitende Konnektivitätsprojekte: Aserbaidschans Rolle als Transitland wird mit Projekten wie der Transkaspischen Glasfaser (Verbindung nach Zentralasien über ein Unterseekabel nach Kasachstan) sowie dem oben erwähnten Digital Silk Way, der europäischen Datenverkehr nach Asien leitet, wachsen. Die erfolgreiche Fertigstellung wird nicht nur Einnahmen bringen, sondern auch die Widerstandsfähigkeit des aserbaidschanischen Netzwerks stärken (mehr Routen = geringeres Ausfallrisiko). Zudem könnte eine Rolle als Transitdrehkreuz auch die Bandbreitenkosten für lokale ISPs durch Skaleneffekte weiter senken.

Herausforderungen und Unwägbarkeiten: Trotz der optimistischen Aussichten bleiben Herausforderungen bestehen. Politischer Wille ist ein zweischneidiges Schwert – während die Führung in Infrastruktur investiert, könnte sie gleichzeitig Internetzensur aufrechterhalten oder verstärken, falls sie sich bedroht fühlt (insbesondere bei nationalen Wahlen oder sensiblen Ereignissen). Das Spannungsfeld zwischen Zugangsverbesserung und Inhaltsbeschränkung wird weiterhin das Internet in Aserbaidschan prägen. Zudem könnten wirtschaftliche Schwankungen (etwa Änderungen des Ölpreises) die Finanzierung dieser Großprojekte beeinflussen. Der Erfolg des Glasfaser-von-Dorf-zu-Dorf-Projekts etwa hängt von kontinuierlichen Investitionen und damit wiederum von der fiskalischen Lage des Landes ab.

Eine weitere Unwägbarkeit sind die öffentliche Nachfrage und digitale Kompetenz. Es ist eine Sache, Glasfaser in jedes Dorf zu legen; eine andere, wenn tatsächlich jede Familie sie effektiv nutzt. Es gibt immer noch Bevölkerungsgruppen – insbesondere ältere Generationen in ländlichen Gebieten –, die vielleicht noch keinen Bedarf für Breitband sehen oder nicht über die notwendigen Kenntnisse zur Nutzung verfügen. Laufende Programme für digitale Bildung und erschwingliche Geräte werden entscheidend sein, um tatsächlich eine nahezu 100%ige Nutzung zu erreichen.

Abschließend lässt sich sagen, dass der Internetzugang in Aserbaidschan auf einem aufsteigenden Kurs ist. Wenn die aktuellen Pläne umgesetzt werden, könnte Aserbaidschan in den späten 2020er Jahren über allgegenwärtiges Hochgeschwindigkeitsinternet verfügen – durch eine Kombination aus Glasfaser, 5G und Satelliten – das sich von der Kaspischen Küste bis ins höchste Bergdorf erstreckt; eine Errungenschaft, die die sozioökonomischen Chancen drastisch verändern würde. Die „letzte Grenze“ der Konnektivität, im wörtlichen Sinn (weltraumbasiertes Internet), ist inzwischen Teil der öffentlichen Diskussion im Land. Die wichtigsten Beobachtungspunkte werden sein, wie die Regierung das Gleichgewicht zwischen Kontrolle und Offenheit hält und wie schnell die versprochenen Verbesserungen tatsächlich umgesetzt werden. Doch der bisherige Kurs legt nahe, dass sich die Lücke zwischen Aserbaidschan und fortschrittlicheren digitalen Nationen verringern wird, wodurch der Internetzugang in Aserbaidschan in den kommenden Jahren schneller, zuverlässiger, inklusiver und vielleicht auch freier wird.

Quellen:

Tags: , ,