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Im Inneren von Äthiopiens Internet-Boom: Glasfaser, 5G-Träume und Starlink-Himmel

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Im Inneren von Äthiopiens Internet-Boom: Glasfaser, 5G-Träume und Starlink-Himmel

Inside Ethiopia’s Internet Boom: Fiber Optics, 5G Dreams, and Starlink Skies

Äthiopien durchläuft eine stille Internet-Revolution – das Land wandelt sich von einem der am wenigsten vernetzten Staaten der Welt zu einem aufstrebenden digitalen Zentrum. In einem Land mit über 120 Millionen Menschen war Internetzugang früher eine Seltenheit, beeinträchtigt durch eine schwache Infrastruktur und ein staatliches Telekom-Monopol. Heute steht ein dramatischer Wandel bevor: Neue Glasfaserrückgrate durchziehen das Land, moderne 4G- und 5G-Masten ragen über die Skylines der Städte, und Satelliteninternet verspricht, selbst die entlegensten Dörfer zu vernetzen. Dieser Bericht beleuchtet Äthiopiens sich entwickelnde Internetlandschaft – von der Kluft zwischen Stadt und Land und den wichtigsten Telekommunikationsunternehmen bis hin zu innovativen Projekten wie 5G-Ausbau und den Satellitenambitionen von Starlink – und zeichnet ein umfassendes Bild eines Landes, das mit Hochdruck daran arbeitet, seine digitale Kluft zu überwinden.

Äthiopiens Internetlandschaft auf einen Blick

Die Internetnutzung in Äthiopien ist in den letzten Jahren explosionsartig gewachsen, dennoch bleibt die Gesamtvernetzung im internationalen Vergleich gering. Anfang 2025 waren etwa 28,6 Millionen Äthiopier Internetnutzer – rund 21,3 % der Bevölkerung datareportal.com. Das bedeutet einen stetigen Fortschritt (zum Vergleich: ~19 % im Jahr zuvor), aber ist noch weit unter dem Welt-Durchschnitt. Zum Vergleich: Rund 67 % der Weltbevölkerung waren 2023 online, während der afrikanische Kontinentaldurchschnitt bei ~37 % lag ecofinagency.com. Speziell in Ostafrika liegt die Durchdringung bei etwa 20–25 %, womit Äthiopien etwas hinter den regionalen Nachbarn liegt. Die folgende Tabelle verdeutlicht den Unterschied:

Internetdurchdringung (% der Bevölkerung)Äthiopien (2025)Afrika (2023)Welt (2023)
Bevölkerung online (%)21,3 % datareportal.com37 % ecofinagency.com67 % ecofinagency.com

Trotz des relativ geringen Online-Anteils ist die absolute Nutzerzahl in Äthiopien deutlich gestiegen – dank der großen Bevölkerung. Die Zahl der Internetnutzer hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt, was auf den Ausbau des Netzes und die Verbreitung von Smartphones zurückzuführen ist. Dennoch bleiben zig Millionen offline, insbesondere in ländlichen Gebieten. Die ambitionierte Digital Ethiopia 2025-Strategie der Regierung soll dies ändern. Offizielle Stellen berichten, dass die Digitalisierungsinitiative (in Kombination mit Telekommunikationsreformen) die Zahl der Internetnutzer massiv gesteigert hat – von etwa 17 Millionen vor einigen Jahren auf über 42 Millionen (inklusive mobiler Dienste) bis Ende 2024 ena.et ena.et. Die genauen Zahlen schwanken je nach Quelle, doch der Trend ist klar: Die Vernetzung nimmt zu und Äthiopien ist fest entschlossen, zur vernetzten Welt aufzuschließen.

Stadt versus Land: Die digitale Kluft

Einer der größten Herausforderungen Äthiopiens ist die Kluft beim Internetzugang zwischen Stadt und Land. In den großen Städten wie Addis Abeba erfreut man sich wachsender Breitband- und Mobilfunknetze, während viele ländliche Dörfer noch immer mit eingeschränktem oder fehlendem Internet zu kämpfen haben weforum.org. Etwa drei Viertel der Äthiopier leben auf dem Land, wo oft nicht nur Internet, sondern auch verlässlicher Strom fehlt – ein grundlegendes Hindernis für digitale Teilhabe weforum.org. Die Stadtbewohner profitieren hingegen von dichterer Infrastruktur (mehr Masten, Glasfaserleitungen, Wi-Fi-Hotspots) und oft auch höherer digitaler Kompetenz.

Eine Frau geht an einer Ethio-Telecom-Filiale in Addis Abeba vorbei. Für den Großteil der Äthiopier bleibt ein mobiler Datentarif des staatlichen Anbieters der Hauptweg ins Internet – während Städte wie die Hauptstadt deutlich besser vernetzt sind als abgelegene ländliche Regionen ifex.org cardeth.org.

Studien bestätigen deutliche Ungleichheiten beim Zugang: In Addis Abeba verfügen Einwohner über einen deutlich besseren Zugang zu schnellem Internet (z. B. Glasfaser zu Hause oder 4G) als Menschen in kleineren Städten wie Arba Minch cardeth.org. Landesweit ist die digitale Ungleichheit auf vielen Ebenen sichtbar: Stadt/Land, Mann/Frau, gebildet/analphabetisch. So hat zwar das mobile Breitbandnetz Äthiopiens angeblich eine nahezu vollständige geographische Abdeckung – doch die Nutzung bleibt sehr ungleich verteilt. „Trotz nahezu 100 % 3G-Netzabdeckung ist der Zugang höchst ungleichmäßig,“ so ein Bericht, der viel geringere Internetnutzung in ländlichen Gegenden, unter Frauen und bei Menschen mit geringer Bildung hervorhebt researchgate.net.

Die Hauptursachen für die Stadt-Land-Kluft sind Infrastruktur und Bezahlbarkeit. Die meisten Telekommunikationsanlagen (Funkmasten, Glasfaserkabel usw.) konzentrieren sich in Städten und an den Hauptverkehrsadern. Viele abgelegene Dörfer haben entweder keinen Sendemast oder liegen an der Reichweitengrenze – das führt zu langsamen oder gar keinen Verbindungen. Zudem ist der Preis für Geräte und Datenpakete für Haushalte auf dem Land oft unerschwinglich. Was für einen Städter erschwinglich ist, bleibt für einen Kleinbauern Luxus. Die Regierung und Marktakteure haben diese Herausforderungen erkannt und bereits Initiativen begonnen: Ausbau von Masten auf dem Land, Gemeinschafts-WLAN-Projekte und subventionierte Tarifmodelle – wie später im Bericht erläutert.

Infrastruktur: Glasfaser, Mobilfunk und Satellitennetzwerke

Die Internet-Infrastruktur Äthiopiens ist eine Mischung aus rascher Modernisierung und verbleibenden Lücken. Das Land investiert massiv in Glasfaserrückgrate, erweitert sein mobiles Breitband mit 4G/5G und blickt mit Satelliteninternet sogar in den Himmel. Im Folgenden werden die wichtigsten Bausteine der äthiopischen Internetinfrastruktur erläutert:

Glasfaserrückgrat – Die digitalen Autobahnen

Hochgeschwindigkeits-Glasfaserkabel bilden das Fundament des äthiopischen Internets, verbinden Städte und transportieren Daten ins globale Netz. Ethio Telecom (der nationale Betreiber) hat ein umfangreiches Glasfaser-Backbone geschaffen, das das Land durchzieht. 2023 besaß Ethio Telecom ca. 23.000 km Glasfaserkabel quer durch Äthiopien addisfortune.news. Diese Glasfaser-„Autobahnen“ verbinden Ballungszentren und viele kleinere Städte, oft mit mehreren redundanten Ringen. Ethio Telecom baut das Backbone weiter aus und hat zuletzt Tausende Kilometer Fern-, Zubringer- und Stadtringe ergänzt addisfortune.news. Die Glasfaserverbindung schafft auch die Anbindung ans Ausland: Da Äthiopien keinen eigenen Zugang zum Meer hat, laufen internationale Glasfaserverbindungen durchs benachbarte Ausland bis zu den Unterseekabeln. Wichtigstes Tor ist Dschibuti, wo Unterseekabel anlanden. Äthiopiens Hauptverbindung führt zu Dschibuti (und weiter nach SEA-ME-WE, EIG etc.), mit alternativen Strecken über den Sudan und Kenia en.wikipedia.org. Um die internationale Bandbreite zu erhöhen, unterzeichnete Ethio Telecom Ende 2024 einen Vertrag mit Djibouti Telecom und Sudatel über das neue „Horizon Fiber“-Korridorprojekt – eine multi-terabit-fähige Glasfaserverbindung zwischen Äthiopien, Dschibuti und Sudan developingtelecoms.com. Ziel: Kapa­zi­tät und Widerstandsfähigkeit erhöhen, das Ausfallrisiko bei Kabelbrüchen senken, Latenz und Kosten drücken.

Trotz dieser Fortschritte ist nicht jedes Gebiet in Äthiopien mit Glasfaser erschlossen. Viele ländliche Regionen und Mobilfunkstationen nutzen immer noch Mikrowellenfunk als Anbindung pmc.ncbi.nlm.nih.gov – diese haben weitaus geringere Kapazitäten als Glasfaser. Und wenngleich das Backbone alle Regionen erreicht, ist Glasfaser bis zu den Haushalten (FTTH) außerhalb ausgewählter Stadtviertel oder Unternehmen praktisch nicht vorhanden. Festnetz-Breitband ist also stark limitiert: Ethio Telecom bietet DSL und teilweise Glasfaser in Städten, 2023 gab es aber nur rund 669.000 Festnetz-Breitbandkunden im Land addisfortune.news (ein Bruchteil der Bevölkerung). Ein Festnetz-Internettarif kostet im Schnitt rund 27 US-Dollar pro Monat statista.com – viel Geld bei einem Pro-Kopf-BIP unter 1.000 Dollar. Glasfaser zu Hause bleibt daher Luxus für Unternehmen und wohlhabende Stadtbewohner. Trotzdem ist die Glasfaser als Backbone essenziell für den Großteil des Datenverkehrs, und laufende Ausbauten (u. a. Umstellung alter Kupferleitungen auf Glasfaser thefastmode.com) versprechen bessere Kapazität und Qualität in Zukunft.

Mobiles Breitband – Zugang in einer „Mobile-First“-Nation

Für die große Mehrheit der Äthiopier ist Mobiles Breitband das Tor zum Internet. Die Mobilfunknetze erreichen viel mehr Menschen als Festnetz je konnte, und günstige Smartphones haben sich verbreitet – mobiles Internet ist der wichtigste Zugangsweg. Die Mobilfunk-Infrastruktur Äthiopiens wurde in den letzten zehn Jahren massiv modernisiert: Ethio Telecom führte 3G landesweit in den 2000ern und frühen 2010ern ein, 4G LTE kam 2015 nach Addis Abeba und wurde anschließend auf weitere Städte ausgedehnt. 2022 meldete Ethio Telecom landesweit 3G-Abdeckung und wachsende 4G-Präsenz – inzwischen auch in vielen Regionalzentren. So sind heute 98 % aller Mobilfunkanschlüsse in Äthiopien mit 3G, 4G oder 5G angebunden (anstatt nur 2G) datareportal.com – fast alle Nutzer haben also Zugang zu breitbandfähigen Netzen (wenn auch nicht immer zu bezahlbaren Preisen oder Endgeräten).

Aktuell gibt es in Äthiopien über 85 Millionen Mobilfunkanschlüsse datareportal.com datareportal.com. (Viele haben mehrere SIM-Karten, die Zahl der eindeutigen Nutzer ist kleiner, aber etwa 64 % der Bevölkerung haben einen Anschluss.) Die Dominanz des Mobilfunks zeigt sich auch beim Interneteinstieg: Eine aktuelle Umfrage ergab, dass Datentarife für Smartphones die mit Abstand beliebteste Methode für den Zugang sind – Festnetzanschlüsse oder öffentliche WLANs spielen eine untergeordnete Rolle cardeth.org. Internetcafés, früher in Städten wichtig, sind durch den Smartphone-Boom weniger von Bedeutung.

4G/LTE ist das Zugpferd der städtischen Vernetzung und bringt Nutzern in Addis Abeba und anderen Städten Geschwindigkeiten von mehreren bis mehreren Dutzend Mbps. Im ländlichen Raum bleibt 3G vielerorts Standard. Um der Nachfrage nach mehr Geschwindigkeit zu begegnen, startete Ethio Telecom 5G im Pilotbetrieb 2022 und kommerziell 2023. Die ersten 5G-Standorte gingen in Addis Abeba live (zunächst 145 Standorte) connectingafrica.com, Ende 2023 folgten weitere Städte (z.B. Hawassa) developingtelecoms.com extensia.tech. Noch ist die 5G-Abdeckung begrenzt, aber der Rollout zeigt Äthiopiens Willen zum Technik-Sprung. Ethios 5G-Netz – unter anderem von Huawei geliefert – bietet ultraschnelles Internet (theoretisch 100+ Mbps), benötigt jedoch 5G-fähige Geräte und ist auf wenige Gebiete beschränkt. Safaricom Ethiopia, der neue Wettbewerber (mehr dazu unten), baut ebenfalls ein modernes Netz auf – startet vielerorts mit 4G und testet 5G-fähige Systeme africantechroundup.com.

Die Abdeckung mit mobilem Breitband ist ungleichmäßig, verbessert sich jedoch stetig. Praktisch alle Städte und Hauptstraßen sind wenigstens per 3G angebunden. Ethio Telecom rühmt sich, 97 % der Bevölkerung mit Mobilfunk zu erreichen researchgate.net. In der Praxis variieren Qualität und Geschwindigkeit: In Städten gibt es mehr 4G/5G, auf dem Land meist nur schwaches 3G.Internetspeed in Äthiopien ist dementsprechend moderat: Anfang 2025 lag die mediane Downloadrate im Festnetz bei etwa 9,0 Mbps datareportal.com, beim Mobilfunk ähnlich oder darunter. Im Vergleich erreichen Länder wie Ruanda oder Südafrika mobile Durchschnittswerte von über 35 Mbps voronoiapp.com. Viele Nutzer erleben außerhalb Addis’ nur einstellige Mbps-Raten oder bei 3G sogar weniger. Auch die Latenz ist oft hoch, da der Datenverkehr über wenige internationale Knoten geführt wird. Diese Begrenzungen erschweren HD-Videostreams oder große Downloads. Der weitere Ausbau von 4G/5G und neue internationale Glasfasertrassen sollen hier Abhilfe schaffen. Mit steigender Konkurrenz und Modernisierung der Infrastruktur dürfte die Geschwindigkeit steigen. Zurzeit rangiert Äthiopien bei Internetspeed weltweit eher am unteren Ende – das zu ändern, ist erklärtes Ziel von Regierung und Netzbetreibern.

Satelliteninternet – Anschluss für die Unverbundenen

Wo Glasfaser und Mobilfunkmasten unpraktisch sind (z. B. abgelegene Dörfer, dünn besiedelte oder konfliktbetroffene Regionen), bietet Satelliteninternet eine Rettungsleine. Äthiopien nutzt Satelliten schon lange für gezielte Zwecke – etwa das Regierungsprogramm WoredaNET in den 2000ern, das Bezirksämter per VSAT verband en.wikipedia.org. Auch Banken und NGOs setzen seit Langem VSAT-Schüsseln zur Vernetzung abgelegener Filialen ein. Klassisches Satelliteninternet war jedoch teuer und limitiert; Massenmarkt-tauglich war es nie. Das könnte sich mit dem Aufkommen von LEO-Satelliten für Breitbandinternet ändern – mit Anbietern wie SpaceX’ Starlink und OneWeb. Diese neuen Dienste versprechen schnelles, verzögerungsarmes Internet für praktisch jeden Ort mit freier Sicht zum Himmel.

Speziell Starlink sorgt in Äthiopien für Aufsehen – aber auch für Regulierungsfragen. Der SpaceX-Dienst startete 2023 in mehreren afrikanischen Ländern; Berichte zufolge gibt es auch in Äthiopien Beta-Tests extensia.tech. (Starlinks Karte gibt das Land als „demnächst verfügbar“ an; manche Nutzer sollen bereits Roamingdienste genutzt haben.) Bei Zulassung könnte Starlink vor allem ländliche Regionen grundlegend verändern: 50–150 Mbps Download zum Satellitenschüssel sind für die meisten bislang unvorstellbar. Auch die Preispolitik ist inzwischen überraschend wettbewerbsfähig: In Afrika senkte Starlink den Monatspreis auf etwa 80 $ (Hardware einmalig ~350 $) starlink.com, was in manchen Ländern sogar günstiger ist als lokale ISPs restofworld.org. Für die Mehrheit der Äthiopier sind 80 $/Monat jedoch nach wie vor zu teuer; gemeinschaftliche Modelle (z. B. ein Dorf teilt sich einen Anschluss) könnten Abhilfe schaffen. Die Regierung müsste solche Dienste lizenzieren; 2025 ist der offizielle Status von Starlink in Äthiopien weiter in Klärung.

Auch andere Satellitenanbieter schielen auf Äthiopien. OneWeb, ebenfalls LEO-Anbieter, hat schon mit afrikanischen Telekom-Betreibern Verträge zur Versorgung entlegener Gebiete abgeschlossen connectingafrica.com. OneWeb könnte beispielsweise Mobilfunkstationen auf dem Land mit Backhaul versorgen oder Firmen direkt bedienen, sobald die regionalen Gateways stehen. Auch bestehende Anbieter wie SES oder Intelsat bieten „High Throughput“-Satellitendienste an, die Ethio Telecom für schwer erreichbare Gebiete nutzen könnte. Zusammengefasst: Satelliteninternet wird zum Schlüssel für besonders weit verstreute Landesteile. Wenn die Regulierung mitspielt und die Preise weiter sinken, könnten Satellitendienste ländliche Regionen binnen kurzer Zeit anschließen, statt jahrelang auf Glasfaser oder Mobilfunk zu warten. Es bleibt spannend, wie Äthiopien den Balanceakt zwischen technologischer Begeisterung, Frequenzmanagement und dem Sicherheitsbedürfnis bei Satelliteninternet meistern wird.

Hauptakteure: Vom Monopol zum Wettbewerbsmarkt

Über Jahrzehnte war die Telekom- und Internetbranche Äthiopiens durch einen Namen geprägt: Ethio Telecom. Der Staatskonzern (früher „Ethiopian Telecommunications Corporation“) hatte das Monopol – vom Festnetz über Mobilfunk bis Internetdienst. So wurde Ethio Telecom zwar einer der größten Anbieter Afrikas (nach Kundenzahl), jedoch in einem abgeschotteten Markt ohne Innovations- oder Preisdruck. Heute wandelt sich dieses Bild: Neue Anbieter betreten den Markt, es entsteht Konkurrenz und die Regierung verkauft Anteile, um die Branche zu öffnen. Die wichtigsten Akteure im Überblick:

  • Ethio Telecom – Der Platzhirsch: Ethio Telecom bleibt weiterhin der dominierende Anbieter. Mit fast 70 Millionen Mobilfunkkunden (Stand Mitte 2023) telecoms.com und Millionen weiteren Festnetzanschlüssen ist er Marktführer in allen Bereichen. Ethio Telecom errichtete im Staatsauftrag die gesamte nationale Infrastruktur: Glasfaser-Backbones, internationale Übergänge, über 7.100 Mobilfunkmasten addisfortune.news. Seine Stärke ist die enorme Reichweite – auch die Konkurrenten müssen oft bei Ethio Masten oder Glasfaser mieten. In den letzten Jahren versucht Ethio Telecom sein verstaubtes Image loszuwerden: Modernisierung, 4G/5G-Ausbau, Start des erfolgreichen Mobile-Payment-Dienstes Telebirr (2021), Preissenkungen. Telebirr zählte 34 Millionen Nutzer 2023 telecoms.com; das half dem Kundenzuwachs. Ethio wird jedoch auch für traditionell hohe Preise und langsame Ausweitung kritisiert, etwa waren Altverträge mit 85 US-Dollar monatlich im Schnitt für Internet sehr kostenintensiv freedomhouse.org. Heute kostet 1 GB mobile Daten etwa 0,68 $ prepaid-data-sim-card.fandom.com – günstiger als globaler Durchschnitt, aber für viele noch zu viel. Ethio Telecoms Monopol endete 2022 mit dem Markteintritt eines Konkurrenten, doch dank Infrastrukturvorsprung bleibt es Marktführer. Die Regierung will Ethio teilprivatisieren und bis zu 45 % der Anteile verkaufen africanews.com (ab Ende 2024 zunächst 10 % an Bürger voanews.com). Ziel ist mehr Kapital und Effizienz – Ethio bleibt aber mehrheitlich Staatseigentum. Im Gesamtpaket ist das ein Balanceakt zwischen nationalem Interesse und Wachstumsstrategie.
  • Safaricom Ethiopia – Der Herausforderer: Safaricom Ethiopia ist der erste private Telekom-Anbieter in der neueren Geschichte Äthiopiens. Träger ist ein Konsortium aus Kenias Safaricom, Vodacom Südafrika, Vodafone, Sumitomo und weiteren. Den Zuschlag für eine Lizenz erhielt das Unternehmen Mai 2021 für 850 Millionen $ ifex.org. Nach der Vorbereitung startete Safaricom im Oktober 2022 den kommerziellen Betrieb telecoms.com und brachte damit Wettbewerb ins Land. Binnen weniger Monate zog Safaricom 5 Millionen Kunden an telecoms.com telecoms.com – Stand Mitte 2023, Tendenz steigend. Bis Mitte 2025 sollen es mindestens 10 Millionen werden telecoms.com. Safaricom baute hierfür eigenständige Netze in den Ballungszentren auf, oft gleich mit 4G (Huawei/Nokia-Technik). Außerdem brachte Safaricom das bekannte Payment-System M-Pesa nach Äthiopien (Marktstart 2023) telecoms.com. Damit ist nach Jahren Monopol Telebirr erstmals Wettbewerb im Mobilfinanzbereich entstanden. Safaricom setzt deutlich auf Wettbewerb: In abgedeckten Gebieten haben Konsumenten erstmals die Wahl; frühe Berichte erwähnen aggressive Preise, besseren Service und stellweise höhere Netzgeschwindigkeit als Mittel zum Kundengewinn. Jedoch bleibt die Herausforderung, ein gigantisches Land zu versorgen; Ethio kontrolliert weiter die bestehende Infrastruktur. Auch Safaricom baut und mietet zehntausende Masten und muss sich am preissensitiven Markt behaupten. Dennoch: Der Markteintritt sorgt für echten Kurswechsel: nach 130 Jahren Monopol voanews.com ist Äthiopien jetzt ein wettbewerblicher Telekommarkt – und die Verbraucher profitieren schon heute von günstigeren Tarifen und besserem Service.
  • Dritter Betreiber (Zukunft) – Ursprünglich sollten zwei neue Lizenzen vergeben werden, doch 2021 blieb die zweite Ausschreibung ohne akzeptables Angebot (MTN bot zu wenig) telecoms.com. Die Vergabe wurde wegen Wirtschafts- und Konfliktlage verschoben. Mitte 2023 wurde die neue Ausschreibung wieder geöffnet telecoms.com, sodass bald ein dritter großer Betreiber am Start sein könnte. Mehrere internationale Gruppen haben Interesse bekundet. Mit dem Eintritt eines weiteren Anbieters würde der Wettbewerb weiter zunehmen und wahrscheinlich Innovationen und vielleicht neue Angebote wie festes Funkbreitband fördern. Noch ist der Markt ein Duopol – aber die Grundlage für ein Triopol ist gelegt. Die Regulierungsbehörde hat die Verpflichtung zur Infrastrukturteilhabe festgelegt, d. h. neue Anbieter können bestehende Sendemasten mitnutzen addisfortune.news.
  • ISPs und weitere Akteure – Unter Ethios Monopol gab es praktisch keine unabhängigen Internetanbieter (Ethio war laut Gesetz alleiniger ISP en.wikipedia.org). Mit der Marktliberalisierung ändert sich das langsam: Die äthiopische Regulierungsbehörde (ECA) vergibt inzwischen Speziallizenzen – etwa für Unternehmen, die Sat-Breitband für Firmenkunden bieten. Im Massenmarkt dominieren jedoch weiterhin die beiden Mobilfunkanbieter. Kleinere Akteure gibt es in spezialisierten Nischen (z. B. Webhosting, IT-Dienstleister, Hochschulnetze). Bis mehr Anschlussnetze geöffnet oder zusätzliche Funkfrequenzen für WISPs bereitgestellt werden, bleibt der Massenmarkt vorerst unter Kontrolle der Großen – die Regierungsstrategie setzt auf kapitalstarke Investoren für die Infrastruktur.

Zusammengefasst: Äthiopiens Telekomsektor ist im Umbruch. Ethio Telecom modernisiert sich im Wettbewerb, Safaricom bringt Konkurrenz und Innovation, weitere Investoren stehen bereit. Die Rolle der Regierung bleibt entscheidend – sie muss fair regulieren, aber auch mit der Privatwirtschaft kooperieren, um Netze in entlegene Regionen zu bringen. Über all dies entscheidet, wie schnell und günstig Äthiopier online gehen können. Erste Anzeichen (Tarifsenkungen, Netzausbau, Boom beim Mobile Payment) stimmen optimistisch: Das Ende des Monopols ist ein Gewinn für Konsumenten und das Internet-Ökosystem.

Aktuelle Entwicklungen und Projekte

In den vergangenen 2–3 Jahren gab es rasante Entwicklungen im äthiopischen Internet- und Telekomsektor – einhergehend mit dem wirtschaftlichen Ziel der digitalen Transformation. Einige der wichtigsten Trends und Projekte:

  • 5G-Ausbau: Äthiopien hat früher als viele Nachbarn den Sprung zu 5G gewagt. Ethio Telecom testete im Sommer 2022 und startete im Oktober 2022 kommerziell mit 5G in Addis Abeba africantechroundup.com datacenterdynamics.com. Im September 2023 liefen in Addis 145 Standorte und bald darauf eine dritte Stadt connectingafrica.com developingtelecoms.com. Damit zählt Äthiopien zu den wenigen Ländern südlich der Sahara mit Live-5G. Aktuell gibt es 5G aber nur an ausgewählten Standorten, Ethio plant Ausbau mit wachsender Nachfrage nach High-End-Geräten. Für den Alltag reichen 4G-Angebote aus – aber 5G-Readiness macht die Netze zukunftssicher und signalisiert Investoren Technologie-Attraktivität.
  • Explosion beim Mobile Payment: Die Verschmelzung von Telekommunikation und Finanzdienstleistungen hat einen Sprung gemacht: Safaricom startete M-Pesa 2023 telecoms.com. Äthiopien war beim Thema Mobile Money zurückhaltend, erlaubte Safaricom aber die Lizenz – und beendete damit Ethios Telebirr-Monopol. Nun konkurrieren zwei große Payment-Plattformen, Telebirr und M-Pesa, um Nutzer. Das dürfte Innovationen und die Reichweite im digitalen Zahlungsverkehr, E-Commerce und Kleinkrediten fördern und begünstigt auch die Internetnutzung (z. B. für Online-Shopping). Der Trend passt zur Regierungslinie einer „Leading Digital Economy“.
  • Telekom-Infrastruktur-Partnerschaften: Partnerschaften stärken das Backbone. Neben dem Horizon-Fiber-Projekt mit Dschibuti/Sudan developingtelecoms.com werden lokale Internetknoten (IXPs) und Rechenzentren aufgebaut – etwa am ICT-Park in Addis ena.et ena.et. Das beschleunigt Seitenabrufe, entlastet internationale Leitungen und spart Bandbreitenkosten. US-Investoren und Facebooks 2Africa-Projekt (Seekabel) sind ebenfalls beteiligt – die Infrastruktur im Hintergrund wächst stetig.
  • Politik und Regulierung: Die äthiopische Aufsicht (ECA) erlässt neue Vorgaben: Pflicht zur Infrastrukturteilung (Masten und Glasfaser vermieten) addisfortune.news, künftige Nummernübertragbarkeit, Regeln zu Servicequalität – alles mit Blick auf den Verbraucher. Auch Maßnahmen zum Schutz vor Betrug und neue Investitionsgesetze wurden eingeführt. Gleichzeitig setzt die Regierung jedoch immer wieder auf Internetsperren – etwa bei Unruhen oder Prüfungen africafex.org. Das bleibt umstritten: Freedom House kritisiert solche Sperren als politisch motivierte Einschränkungen africafex.org. Hoffnung besteht, dass mit weiter wachsender Vernetzung offene Netze zur Normalität werden.
  • Bezahlbarkeits-Initiativen: Da Preis ein großes Hindernis ist, werden zunehmend Maßnahmen für mehr Erschwinglichkeit umgesetzt. Ethio Telecom senkt regelmäßig Datentarife und bietet „Kombi-Pakete“. 1GB kostet im Schnitt 0,68 $ (Stand 2023)prepaid-data-sim-card.fandom.com – global günstig, aber für viele doch relativ teuer. Daher werden kostenlose Wi-Fi-Hotspots (z. B. an Unis, in Stadtzentren) und subventionierte Landtarife gefördert. Die NGO CARD empfiehlt subventionierte Heimanschlüsse und noch mehr Freifunkpunktecardeth.org. Dazu kommt der Fokus auf Digitalkompetenz-Schulungen, um mehr Menschen den sinnvollen Umgang zu vermitteln und damit Investitionen anzuregen cardeth.org.

In Summe ergibt sich aus den Entwicklungen ein Bild von echtem Fortschritt. Nach Jahren der Stagnation bringen neue Wettbewerber, technologische Upgrades und – wenn auch vorsichtige – staatliche Reformen mehr Zugang und bessere Qualität. Projekte in der Pipeline – weitere 5G-Stationen, neue Glasfaser-Korridore, möglicherweise Starlink und ein dritter Anbieter – deuten darauf hin, dass die kommenden Jahre zur Transformationsphase werden. Bleibt Äthiopien auf Kurs, könnte es bis 2030 die aktuelle ~21%-Marke beim Internetzugang klar übertreffen und sowohl Speed als auch Erschwinglichkeit deutlich verbessern.

Vergleich: Äthiopien im regionalen und globalen Kontext

Zum besseren Verständnis lohnt der Blick auf die Nachbarn und globale Benchmarks. Wie erwähnt, liegt die äthiopische ~21%-Internetdurchdringung klar unter dem afrikanischen Durchschnitt (~37 %) und weit unter den 67 % weltweit ecofinagency.com. In Afrika erreichen Länder wie Kenia 30–40 %, im Norden Afrikas sind es oft über 70–80 %. Äthiopien zählt trotz seiner Größe bislang zu den Ländern mit der niedrigsten Durchdringung – Ursache ist die späte Liberalisierung und Unterfinanzierung. Umso größer ist das Potenzial: Selbst kleine Fortschritte bringen Millionen neue Nutzer.

Auch bei Mobilfunk liegt Äthiopien mit etwa 64 % SIM-Penetration datareportal.com unter dem südlich der Sahara üblichen Durchschnitt (~85 %, teilweise über 100 %). Gründe sind geringerer Handybesitz (vor allem bei Landfrauen) und teils restriktive SIM-Registrierungsregeln. Mit günstigen Importgeräten und aggressivem Marketing (Safaricom verkauft z. B. Start-SIMs an jedem Busbahnhof) dürfte die Penetration rasch steigen. Die GSMA meldete für 2024 einen Sprung von 8,4 Millionen mobilen Anschlüssen binnen eines Jahres datareportal.com.

Beim Internetspeed hinkt Äthiopien hinterher: Die mittlere Festnetzrate (~9 Mbps datareportal.com im Jahr 2025) entspricht nur einem Bruchteil des globalen Schnitts (~79 Mbps für Festnetz 2023, Speedtest Global Index). Mobil liegen viele Länder bei 20+ Mbps, Äthiopien größtenteils darunter, da 3G vielerorts Standard ist. Der Qualitätsrückstand wird im Alltag spürbar: Während in Europa HD-Videostreams selbstverständlich sind, ist das in Äthiopien außerhalb der Glasfaserinseln Luxus. Die laufenden Reformen zeigen erste Wirkung: Ethio Telecom meldete 2024 eine Steigerung um 16,7 % bei der Festnetzspeed datareportal.com. Doch erst mit weiteren Investitionen wird das Land global aufholen können.

Bei der Erschwinglichkeit gehört Äthiopien zu den teuersten Ländern weltweit – ein Basistarif kostete oftmals mehr als das Monatsgehalt freedomhouse.org. Auch mobile Daten, in Dollar günstig, bedeuten für Geringverdiener eine enorme Quote des Einkommens. Internationale Organisationen empfehlen, dass 1 GB Daten höchstens 2 % des Durchschnittsverdiensts ausmachen sollte – dieses Ziel wird für viele in Äthiopien noch klar verfehlt. Verglichen mit Kenia, das durch Wettbewerb günstigere Tarife und bessere 4G-Abdeckung hat, ist das Nachholpotenzial deutlich zu sehen.

Positiv: Infrastrukturmäßig steht Äthiopien teils über dem afrikanischen Schnitt. Das 23.000-km-Backbone zählt zu den ausgedehntesten des Kontinents addisfortune.news, Ethio Telecom ist einer der größten Provider Afrikas telecoms.com. Das macht das Land für Großinvestitionen attraktiv – Google testete sogar sein Project Taara (Laser-Internet als Alternative zu Glasfaser von Dschibuti nach Äthiopien).

Fazit: Äthiopien hängt derzeit hinterher, hat aber enormes Aufholpotenzial. Länder wie Myanmar oder Bangladesch konnten in kurzer Zeit viel bewirken, als Wettbewerb und moderne Technik einzogen. An diesem Punkt steht jetzt auch Äthiopien. Der entscheidende Vorteil: „Late Adopter“ können Fehler der ersten Generation vermeiden und direkt auf neue Technik setzen. Die junge Bevölkerung (Medianalter ~19 Jahre datareportal.com) ist für Neues offen – und der Vergleich mit den Nachbarn inspiriert den Wandel.

Fazit: Auf dem Weg zum vernetzten Äthiopien

Äthiopiens Weg zum universellen Internetzugang ist in vollem Gang – angetrieben von Infrastrukturausbau, Marktöffnung und Innovationsgeist. Aus digitaler Isolation wird eine vernetzte Zukunft: Glasfaserkabel verbinden entlegene Regionen mit der Welt, Mobilnetze erreichen entlegene Höhenzüge, Satelliten schließen die letzten Lücken. Nicht mehr nur die urbane Elite profitiert; Schulen, Kliniken und ganz normale Haushalte werden zunehmend vernetzt. Reformen – von der Zulassung ausländischer Netzbetreiber bis zur Förderung digitaler Bildung – spiegeln die Erkenntnis wider, dass Internet im 21. Jahrhundert keine Kür, sondern Pflicht ist.

Natürlich bleiben Herausforderungen: Äthiopien muss sicherstellen, dass ländliche Regionen nicht abgehängt werden, Frauen und Minderheiten gleiche Chancen erhalten und die Preise an das Einkommensniveau angepasst werden. Auch die Gefahr politisch motivierter Netzsperren bleibt ein Thema – denn digitale Freiheit ist nicht selbstverständlich. Doch der Trend ist klar: Noch vor wenigen Jahren gab es kaum Auswahl und nur sehr langsames, teures Internet; heute gibt es Wettbewerber und weitere sind angekündigt.

Halten die aktuellen Entwicklungen an, wird die nächste Generation vieles als selbstverständlich ansehen, was heute noch als Sensation gilt – HD-Streams im Rift Valley, Bauern, die per App Getreidepreise checken, Schüler im Fernunterricht per Satellit, Start-Ups aus Addis mit globaler Online-Reichweite. Die Vorteile einer vernetzten Gesellschaft – Wachstum, Bildung, Innovation, Engagement – stehen bereit.

Ein äthiopischer Telekommanager brachte es auf den Punkt: „Ein Betreiber mit 100% Abdeckung ist wertlos mit veralteter Technik“ addisfortune.news – entscheidend ist Qualität und Modernität. Äthiopien scheint das erkannt zu haben und modernisiert nicht nur die Technik, sondern auch die Einstellung zum Thema Internet. Von Glasfaser unter der Erde zu 5G in der Luft und Satelliten im Orbit nimmt Äthiopiens Internet-Revolution Fahrt auf. Die Welt schaut zu – und, was wichtiger ist: Immer mehr Äthiopier loggen sich ein, Verbindung für Verbindung.

Quellen:

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